Spargel auf Schienen: Kohldampf in der Dampflok


Dampf quillt aus dem Ungetüm. Gemächlich tuckert die Bahn über die Schienen. Die Landschaft zieht langsam an den Fenstern vorüber. Eine Fahrt mit der letzten noch erhaltenen schmalspurigen Dampfkleinbahn in Nordrhein-Westfalen kommt einer Zeitreise gleich. Es rumpelt und pumpelt in den Abteilen. Im Volksmund wurde die dritte Klasse wegen ihrer Verkleidung als „Holzklasse“ belächelt. Unbequem seien die Sitze wegen ihrer ergonomischen Form jedoch nicht, versichert Pressesprecher Wolfgang Diepen. Hier gehe es eh mehr um Nostalgie, als um Komfort. Die Kleinbahn hat im Kreis Heinsberg eine lange Tradition. Die Strecke wurde im Jahr 1900 eröffnet und war damals 35 Kilometer lang. Sie diente dem Personen- und Güterverkehr. Besonders Zuckerrüben wurden mit ihr in den letzten Jahren zu den großen Bahnhöfen transportiert, wo sie umgeladen wurden und in Richtung Fabrik weiter transportiert wurden. Mit einem Tempo von 6km/h wohlgemerkt.

„Ende der 1960er Jahre wurde der Verkehr komplett eingestellt.“

Mit dem Aufkommen des Straßenverkehrs rückte die Kleinbahn allerdings immer mehr in den Hintergrund. „Ende der 1960er Jahre wurde der Verkehr komplett eingestellt. Lastwagen konnten die Aufgaben der Schmalbahn schneller und effizienter übernehmen. Kurz darauf schlossen sich einige Menschen zusammen, die die traditionelle Bahn erhalten wollten“, erklärt Wolfgang Diepen.

So kommt es, dass rund sechs Kilometer der ursprünglichen Trasse auch heute noch erhalten sind. Auf diesen schmalen Schienensträngen tuckert die Selfkantbahn dahin. Dem Umweltgedanken zum Trotz wird weiter mit Kohle eingeheizt. Wolfgang Diepen wiegelt ab: „Diese geringe Kohleverbrennung ist sicher nicht so nachteilig wie der Diesel, der von den zahlreichen Autofahrern verbraucht wird. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Die Kohle gehört nun mal dazu. Eine Dampflok ohne Dampf ist schließlich keine Dampflok.“ Auch der Geruch, den die Kohleverbrennung und die alten Eisenbahnloks verströmen, wirkt fesselnd auf jeden dem er in die Nase weht. „Das infiziert“, ist Diepen überzeugt.

Um die Faszination weiter zu schüren, hat man sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Die Spargelfahrt der Selfkantbahn. Was genau muss man sich darunter vorstellen? „Eine geruhsame Fahrt in einem historischen Dampfzug der Museumseisenbahn mit einem opulenten Spargelessen verbinden, gekrönt von einem guten Tropfen.“ Der Spargel sei in der Heinsberger Region ein wichtiger ökonomischer und kultureller Bestandteil. Im Frühling drehe sich alles nur um die gelb-grünen Gemüsestängel. Es lag also nahe, die beiden Merkmale der Gegend zu kombinieren.

Die Fahrten in einem der Züge mit ihren teilweise über 120 Jahre alten Wagen beginnen am Bahnhof Geilenkirchen-Gillrath oder am Bahnhof Gangelt-Schierwaldenrath. Unterwegs gibt es ein Begrüßungsgetränk im Buffetwagen. Das Spargelmenü wird im Restaurant „Zur Selfkantbahn“ am Bahnhof Schierwaldenrath nach Ankunft der Züge aus Gillrath serviert. Der Spargel kommt frisch aus der Spargelregion Heinsberg auf den Tisch.

Der Spargel ist in der Region ein wichtiger ökonomischer und kultureller Bestandteil.

Jeweils an zwei Sonntagen (12. Mai und 2. Juni) lassen sich die Spargelfahrten mit den kostenlosen „Führungen für kleine und für große Leute“ verbinden. Die Führungen finden mehrmals nachmittags am Bahnhof Schierwaldenrath statt. Auch ein Besuch der großen Fahrzeughalle am Bahnhof Schierwaldenrath gehören dazu. Dort können die Gäste die Sammlung historischer Dampf- und Dieselloks sowie Personen- und Güterwaggons aus allen Epochen der Kleinbahngeschichte besichtigen. Wolfgang Diepen fasst zusammen: „Auch immer mehr junge Leute lassen sich von der alten Bahn begeistern. Neben dem historischen ist auch der technische Aspekt interessant. Und mit der Spargelfahrt kommen auch kulinarische Genießer auf ihre Kosten.“

www.selfkantbahn.de