Riad im Fall Khashoggi weiter unter Druck

Nach dem Tod des Regimekritikers Jamal Khashoggi haben sowohl der König Saudi-Arabiens als auch sein Thronfolger (Bild) der Familie des Getöteten kondoliert. | afp

Weitere Aufklärung könnte eine für Dienstag angekündigte Erklärung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bringen, in der er Details zu den Vorgängen nennen wollte. Türkische Ermittler gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi am 2. Oktober in der saudischen Vertretung in Istanbul von einem aus Saudi-Arabien angereisten Einsatzkommando gefoltert, ermordet und zerstückelt worden war.

Die regierungsnahe türkische Zeitung „Yeni Safak“ berichtete von einem Telefonat am Tag von Khashoggis Verschwinden, das den saudischen Kronprinzen Salman weiter unter Druck setzen könnte. Demnach habe der Leiter des saudischen Kommandos viermal den Bürochef des Kronprinzen angerufen. Das Telefonat soll von dem Büro des Generalkonsuls aus und nach dem Tod Khashoggis geführt worden sein.

Die Regierung in Riad hatte wochenlang jede Kenntnis von der Tötung des Journalisten im Konsulat bestritten und seinen Tod erst am Wochenende eingeräumt. Die offizielle Darstellung aus Riad lautet, er sei im Zuge eines aus dem Ruder gelaufenen Streits getötet worden.

Der Fall überschattet auch eine für Dienstag in Riad geplante Wirtschaftskonferenz, auf der das Königreich um ausländische Investoren werben will. Wie zuvor bereits andere Vertreter aus Politik und Wirtschaft sagte am Montag auch Siemens-Chef Joe Kaeser seinen Besuch ab. Es sei keine Entscheidung gegen das Königreich oder dessen Volk, schrieb er auf „Linkedin“. „Aber jetzt muss die Wahrheit herausgefunden und der Gerechtigkeit Genüge getan werden.“ Auch in Brüssel würden die laufenden Ermittlungen genau verfolgt, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Die EU-Staaten würden beraten, welche Auswirkungen der Fall auf die Beziehungen zu Saudi-Arabien haben werde. Die Verantwortung für Waffenexporte liege letztlich jedoch bei den einzelnen Mitgliedstaaten. Der Fall „Khashoggi“ war nach Angaben des Élyséepalasts auch Thema eines Telefongesprächs zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seinem US-Kollegen Donald Trump. Beide teilten „ihre Besorgnisse“ mit Blick auf die Umstände, die zu dem „tragischen Tod“ des Journalisten geführt hätten.

Am Montag wurden in Istanbul fünf Zeugen von mehreren Staatsanwälten verhört. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, handelte es sich um Konsulatsmitarbeiter. Mehr als 20 weitere Zeugen sollten noch befragt werden.

Knapp drei Wochen nach dem gewaltsamen Tod Khashoggis kondolierten Saudi-Arabiens König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman den Hinterbliebenen. Beide hätten Mitgliedern der Familie in der Nacht zum Montag telefonisch ihr Beileid ausgedrückt, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Spa.

Unterdessen ist ein im Zusammenhang mit der Affäre entlassener hoher saudischer Regierungsmitarbeiter weiter in offizieller Funktion aktiv. Er sei nun Präsident des Verwaltungsrates der saudischen Föderation für Cyber-Sicherheit, Programmierung und Drohnen, schrieb Saud al-Kahtani bei Twitter. Er gilt als enger Vertrauter des Kronprinzen und war nach dem Eingeständnis der Tötung Khashoggis gemeinsam mit dem Vizechef des Geheimdienstes, Ahmed al-Asiri, entlassen worden. (dpa)