Neues Erdbeben erinnert Japaner an 3/11

Nach dem Erdbeben blickten die Bewohner in Fukushima besorgt auf das Meer hinaus. | afp

Mit einem Schlag wieder dieses beklemmende Gefühl der Furcht. Viele Japaner liegen noch schlaftrunken auf ihren Futons, es ist erst 5.59 Uhr, als plötzlich die Wände schwanken. Kurz darauf heulen draußen die Sirenen. Tsunami! „Fliehen Sie, fliehen Sie“, fordert der Nachrichtensprecher des staatlichen Fernsehsenders NHK die Bewohner in Fukushima und anderen Regionen auf. Seine Stimme ist erregt, fast dramatisch. „Fliehen Sie!“, warnt er immer wieder und erinnert die Menschen an das, was jedem Japaner in diesem Moment in den Kopf schießt: Die Katastrophe vom 11. März 2011, als ein schweres Erdbeben einen gewaltigen Tsunami auslöste. 18.500 Menschen starben damals in den Flutwellen. Im Atomkraftwerk Fukushima kam es zum GAU.

„Plötzlich wurde das Wackeln ganz heftig. Es war beängstigend. Es hat mich an das große Beben (von 2011) erinnert“, erzählt ein Beamter in Fukushima später mit zitternder Stimme. Auch in der 250 Kilometer entfernten Hauptstadt Tokio gerieten Gebäude ins Schwanken. „Wir sind in Tokyo davon aufgewacht, es geht uns gut“, schreibt ein deutscher Diplomat auf Facebook. Eine andere Deutsche beeilt sich ebenfalls, um über Twitter Freunden und Angehörigen zu versichern, dass ihr nichts passiert sei. Diesmal kommen die Bewohner der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt noch mal mit dem Schrecken davon.

Vier Stunden nach dem Beben hebt die nationale Wetterbehörde die anfängliche Tsunami-Warnung wieder auf. Rund ein Dutzend Menschen werden verletzt, Tote gab es diesmal zum Glück keine. Für Erleichterung sorgt auch die Nachricht im Fernsehen, dass es in der Atomruine Fukushima Daiichi wie auch in einem anderen AKW der Nachbarprovinz Miyagi keine Unregelmäßigkeiten in Folge des Bebens gegeben habe. Auch eine anfangs automatisch durch die heftige Erschütterung abgeschaltete Kühlvorrichtung in einem Abklingbecken des Atomkraftwerks Fukushima Daini, das rund 12 Kilometer südlich der Atomruine Fukushima Daiichi steht, läuft bald darauf wieder.

Es hätte viel schlimmer kommen können. „Wir leben ja in der Nähe der Küste. Auch bei einem kleinen Tsunami ist es trotzdem gefährlich“, erzählt eine junge Frau im Fernsehen. Wie Tausende andere hatte sie sich unverzüglich in einer Notunterkunft in Sicherheit gebracht. Die Menschen hätten aus der Erfahrung von 2011 gelernt, heißt es später in Medienberichten.

Im Fernsehen konnen die Bewohner am Dienstag live über eine Kamera eines Militärhubschraubers, der direkt über der Atomruine Fukushima kreiste, mit ansehen, wie die Flutwellen an die Küste schwappen. Doch die sind bei Weitem nicht so hoch wie bei der Katastrophe 2011. Auch zeigt das Fernsehen Bilder eines Geschäfts, in dem die Waren aus den Regalen stürzte. Doch größere Schäden bleiben an diesem Tag aus. Dennoch hat das Beben den Inselbewohnern erneut gezeigt, welche Gefahren auf sie lauern. Starke Erdbeben können jederzeit kommen. (dpa)