Koen Lenaerts warnt vor Faszination des Autoritären

Koen Lenaerts referierte am Freitag auf Einladung von Parlamentspräsident Alexander Miesen (PFF) vor Abgeordneten und Vertretern verschiedener Gerichtshöfe. Seit 2015 steht der Belgier an der Spitze des EuGH. Der Rechtshof sei ein Gericht und trete nicht an die Stelle des Gesetzgebers. Er übe Kontrolle aus und achte auf die Wahrung des europäischen Rechts. Die Grundrechte-Charta müsse auch in Zeiten des Terrors strikt beachtet werden, darauf achte der Gerichtshof. Lenaerts untermalte seine Ausführungen mit zahlreichen Urteilen: So sei der Europäische Gerichtshof schon mehrmals mit Diskriminierungsfragen in Arbeitsverhältnissen befasst worden. Beispielhaft zitierte Lenaerts Fälle wie Verbot des Tragens des islamischen Kopftuchs in bestimmen Berufssparten oder Kündigungen aus religiösen Gründen durch eine katholische Kircheneinrichtung. Aufgabe des EuGH sei es, die Gleichbehandlungsrichtlinie der EU entsprechend auszulegen und darüber zu urteilen, ob Entscheidungen wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt seien. Diese drei Kriterien seien grundlegend für alle Urteile des EuGH. Die EU sei eine Rechtsunion, sagt Koen Lenaerts. Sie gründe auf den Werten der Demokratie, der Wahrung des Rechtsstaats und der Grundrechte. Der Gerichtshof stelle sicher, dass die Mitgliedsstaaten das Unionrecht beachten. Den Einzelnen stünde das Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen gerichtlich anzufechten. Seit 30 Jahren habe er sensible Fragestellungen zu den normativen Grundlagen der europäischen Integration zu beantworten. Maßnahmen des Europäischen Rates würden durch Mitgliedsstaaten immer wieder infrage gestellt. Dem Gerichtshof käme eine entscheidende Rolle zu. Zum Abschluss appellierte der Gerichtspräsident an die Rechtlichkeit der EU als zentrales Momentum für demokratische und rechtsstaatliche Vertiefung der EU. Auch in Zeiten zahlreicher Herausforderung werde der Gerichtshof für die Rechte und Werte eintreten, auf denen die Union gründe. Objektivität sei notwendig. Man werde der populistischen Sirene die Stirn bieten, denn diese bedrohe die gemeinsamen Werte. Demokratie könne ohne die Gewährleistung der Grundrechte nicht bestehen. Die Errungenschaften der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung seien zu sichern und Minderheiten zu schützen.

Koen Lenaerts warnte eindringlich vor der neuen Faszination des Autoritären, die in Europa gerade Wurzeln schlage. Ihr müsse die Rechtlichkeit der Union entgegengehalten werden. Sie sei die Grundlage für Frieden und Einigung auf dem europäischen Kontinent. Der Gerichtshof sei der wortwörtliche Fels in der Brandung. (red/sc)