Glen Hansard: zur Herzenswärme kommt die Wut

Der irische Musiker Glen Hansard bringt ein neues Album heraus. | Georgios Kefalas/KEYSTONE/dpa

Im Mittelpunkt stand und steht bei diesem Songwriter stets eine handwerklich sauber komponierte, mit viel Herzenswärme und angerauter Stimme gesungene Melodie – ohne modischen Schnickschnack, mit klarem Bezug auf Vorbilder wie Bob Dylan, Bruce Springsteen oder Van Morrison. Das war bei seiner ersten, 1990 gegründeten Indieband The Frames nicht anders als heute, da Hansard mit Topmusikern in erstklassigen Tonstudios aufnimmt.

Für „Between Two Shores“ reiste der 47-Jährige in die USA und nach Frankreich, um zehn neue Lieder zu entwickeln und ihnen ein gewisses Stadionformat inklusive fetter Bläsersätze und Hammondorgel-Schübe zu verpassen. Vor allem der Start der Sessions im Loft, dem Chicagoer Studio der mit ihm befreundeten grandiosen Folkrocktruppe Wilco, sei „sehr inspirierend“ gewesen, erzählte Hansard dem Musikmagazin „Rolling Stone“.

Die älteren Demos ließ Hansard dann erstmal eine Weile in der Schublade, um sie im März 2017 noch einmal aufzugreifen und mit seiner siebenköpfigen Tourband sowie einigen Gästen einzuspielen. „Dieser Abstand kann sehr gesund sein“, sagt er jetzt. „Denn das Problem von Songwritern ist ja oft, dass sie sich allem so wahnsinnig emotional verbunden fühlen. Man hält alles, was man macht, für verdammt wichtig.“

Ein typischer Satz für Hansard, dessen Bodenständigkeit und uneitles Auftreten ihn auch als Solokünstler populär machen. Nach The Frames und dem Duo-Projekt The Swell Season mit Sängerin Markéta Irglová, aus dem der Oscar-Song „Falling Slowly“ (2008) hervorging, hat der nun wieder am Rande von Dublin lebende Ire eine solide dritte Karriere unter eigenem Namen hingelegt.

Wer Hansard bisher nur als sanften rotlockigen Romantiker aus dem Filmmusical „Once“ kannte, dürfte von „Between Two Shores“ trotz vieler vertrauter Harmonien hier und da überrascht sein. Nicht nur weil die Arrangements näher am Südstaaten-Soul und am Springsteen-Sound sind als gewohnt (der Opener „Roll On Slow“ beispielsweise nimmt direkt Bezug darauf in der Zeile „Thunder Road blasting out on E Street Radio“). Sondern wegen neuer politischer Töne etwa im wütenden „Wheels On Fire“.

Der Trump-Schock ist auch an diesem europäischen Songwriter nicht spurlos vorübergegangen. Hansard spricht den US-Präsidenten schon in den ersten Textzeilen direkt als Lügner und Spalter an: „Well You say You’re one/For working ‚til the work is done/But I don’t see You lift a hand/To help out one of Your fellow men.“ Und so geht es giftig weiter. Für den Refrain leiht er sich in leichter Abwandlung den berühmten Satz „We shall overcome!“ bei den US-Ikonen Pete Seeger und Joan Baez.

Am Ende eines perfekt produzierten Albums kommt dann doch der bewährte Tröster Glen Hansard zu Wort: „Time Will Be The Healer“ heißt die hymnische Ballade, mit der er trotz aller Sentimentalität gekonnt die Kitsch-Klippen umschifft. (dpa)