Filmemacher Claude Lanzmann ist tot – Kämpfer gegen das Vergessen

Mit seiner Zeitzeugen-Dokumentation über den deutschen Völkermord an den europäischen Juden wurde Claude Lanzmann weltberühmt. | reporters

Der französische Filmemacher und Schriftsteller Claude Lanzmann ist tot. Der Regisseur des Holocaust-Zeitzeugenfilms „Shoah“ starb am Donnerstag im Alter von 92 Jahren in Paris. Zuvor hatte die Zeitung „Le Monde“ berichtet. Wegbegleiter würdigten Lanzmann als Kämpfer gegen das Vergessen und als scharfsinnigen Dokumentarfilmer. Er habe mit Intelligenz und Einfühlsamkeit gezeigt, was die Shoah war, sagte der Rechtsanwalt und Nazi-Jäger Serge Klarsfeld über den Filmemacher und Journalisten.

Mit seiner fast zehnstündigen Zeitzeugen-Dokumentation „Shoah“ über den Völkermord an europäischen Juden hat Lanzmann Geschichte geschrieben. Er ließ darin Opfer und Täter des Holocaust zu Wort kommen.

Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, sagte: „Claude Lanzmann hat mit seinen Bildern all denen eine Stimme gegeben, die in der Dunkelheit der Shoah in den deutschen Vernichtungslagern verstummten und ermordet worden sind. Seine Filme sind Filme gegen das Verschweigen, Verdrängen und Vergessen.“ Sie seien auch historische Zeugnisse, die in der heutigen Welt dringend gebraucht würden.

„Claude Lanzmann hat Bilder gegen das Vergessen geschaffen“, schrieb die französische Kulturministerin Françoise Nyssen auf Twitter. Als „Kämpfer gegen das Vergessen“ bezeichnete ihn Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Lanzmann wurde am 27. November 1925 im Großraum Paris geboren. Als Jugendlicher engagierte er sich in der kommunistischen Jugendbewegung Frankreichs, der französischen Widerstandsbewegung. Nach dem Krieg studierte er ab 1947 in Tübingen Philosophie und war Lektor an der Freien Universität Berlin. Er war einer der wenigen Franzosen, die bald nach dem Krieg nach Deutschland reisten.

Als Journalist reiste Lanzmann nach China und Korea und engagierte sich gegen den Algerienkrieg.

Lanzmann war mit dem legendären Philosophen Jean-Paul Sartre befreundet und führte mit der Schriftstellerin und Feministin Simone de Beauvoir eine siebenjährige eheähnliche Beziehung. Er wirkte ab 1952 an der von Sartre und Beauvoir gegründeten Zeitschrift „Les Temps modernes“ mit und wurde später deren Herausgeber.

Als Journalist reiste er nach China und Korea und engagierte sich gegen den Algerienkrieg. Anfang der 70er-Jahre begann er seine Karriere als Filmschaffender. In seiner ersten Doku „Pourquoi Israel“ setzte er sich mit seiner eigenen jüdischen Identität auseinander. Nur kurze Zeit später begann er die zwölfjährige Arbeit an „Shoah“. Wie kein anderer widmete er sich fortan der Aufarbeitung der Gräuel des Nationalsozialismus. Weitere Filme wie „Sobibor“ und „Der letzte der Ungerechten“ folgten.

Lanzmann war dreimal verheiratet, darunter auch mit der 2016 gestorbenen deutschen Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff. Im Jahr 2017 verlor er seinen 23-jährigen Sohn Felix, der aus der im Jahr 1995 geschlossenen Ehe mit Petithory stammte. (dpa)