Brüssel hofft auf weitere EU-Behörde

Der Standortwettbewerb um die wegen des Brexits aus London wegziehenden EU-Behörden ist kurz vor dem Tag der Entscheidung völlig offen. | Monika Skolimowska/dpa

In Brüssel entscheidet sich an diesem Montag, ob Belgien im Zuge des Brexits Sitz einer weiteren EU-Behörde wird. In einer geheimen Wahl werden Vertreter der EU-Staaten darüber abstimmen, wohin die Standorte der derzeit in London beheimateten Bankenaufsichtsbehörde EBA und der Arzneimittelagentur EMA verlegt werden. Im Rennen ist nämlich auch Brüssel als Sitz der EMA und der EBA. Beide Behörden sollen wegen des geplanten EU-Austritts Großbritanniens so schnell wie möglich in eines der 27 verbleibenden EU-Länder umgesiedelt werden.

Wer den Zuschlag erhält, kann auf immense Zusatzeinnahmen hoffen. Die für die Bewertung und Überwachung von Arzneimitteln zuständige EMA und die für die Bankenaufsicht zuständige EBA richten jährlich Hunderte Konferenzen und Veranstaltungen mit Experten aus aller Welt aus. Zuletzt sorgten beide Agenturen in London für rund 39.000 zusätzliche Hotelübernachtungen pro Jahr.

Hinzu kommt, dass auch die meisten hoch qualifizierten Mitarbeiter umziehen dürften. Die EMA beschäftigte zuletzt immerhin rund 900 Menschen, die Bankenaufsicht EBA, die sich um Wahrung der Finanzstabilität in der EU und das ordnungsgemäße Funktionieren des Bankensektors kümmert, kam auf knapp 200.

Der Ausgang der Abstimmung im EU-Ministerrat gilt als offen. Das Wahlverfahren sieht vor, dass in der ersten Wahlrunde alle 27 abstimmenden EU-Staaten drei Punkte an ihren Favoriten sowie zwei Punkte an ihre Nummer zwei und einen Punkt an ihre Nummer drei vergeben.

Diplomaten zufolge versuchen Ländervertreter, sich über Deals und Versprechen die Stimmen anderer Länder zu sichern.

Dies könnte zu einem Ausscheiden von guten Standorten in der ersten Runde führen, wenn alle Bewerberländer sich selbst die drei Punkte geben und die anderen an scheinbar unqualifizierte Mitbewerber verteilen, um die Konkurrenz zu schwächen. Diplomaten zufolge versuchen Ländervertreter schon seit Wochen, sich über Deals und Versprechen die Stimmen anderer Länder zu sichern.

Offiziell sollen bei der Wahl nur sechs Kriterien eine Rolle spielen. Dazu gehören unter anderem die Arbeitsbedingungen, die Verkehrsanbindung, die bisherige Zahl der EU-Agenturen und die Möglichkeit eines schnellen und problemlosen Umzugs. Eine der Verfahrensregeln besagt, dass jedes Land höchstens eine der Agenturen bekommen kann, weshalb Brüssel nicht in beiden Fällen den Zuschlag erhalten kann. (dpa)