Armin Laschet: fast am Ziel, aber vor schwieriger Mission

Der CDU-Politiker Armin Laschet ist fast am Ziel: Am Dienstag soll er zum Ministerpräsidenten von NRW gewählt werden. | Guido Kirchner/dpa

Armin Laschet – der Unterschätzte, der Uncharismatische, das Stehaufmännchen. Jetzt steht der 56-jährige Bergmannssohn nur noch eine Stufe vor seinem Traumziel: An diesem Montag konnte der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende gemeinsam mit FDP-Chef Christian Lindner einen Koalitionsvertrag unterzeichnen. Damit wird im 18-Millionen-Einwohner-Land NRW das derzeit einzige schwarz-gelbe Bündnis der Republik geschmiedet. Vorausgesetzt, Laschet nimmt am Dienstag auch die letzte Hürde und wird im Düsseldorfer Landtag trotz der hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit von CDU und FDP zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.

„Heide-Mörder-Angst“ vor einem Verräter in eigenen Reihen, der 2005 Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) zu Fall gebracht hatte, plagt den frohsinnigen Rheinländer nicht. „Es wird gelingen“, sagt Laschet auf Fragen nach der Geschlossenheit der schwarz-gelben Truppen.

Glück und Erfolg sind dem Aachener in den vergangenen Jahren nicht zugeflogen. Unverdrossen hat er für seinen Aufstieg gekämpft und sich auch dann nicht entmutigen lassen, wenn er als Nummer 2 hinter anderen Hoffnungsträgern landete. 2010 musste er gleich zwei Klatschen wegstecken: Karl-Josef Laumann wurde Landtagsfraktionschef, Norbert Röttgen Landesparteichef.

Laschets Zähigkeit ist Teil seines Erfolgsgeheimnisses. Jüngst musste der neue SPD-Landeschef Michael Groschek zerknirscht vor seiner Parteibasis einräumen: „Wir haben die Karre vor die Wand gefahren, weil wir uns zu sicher waren und nicht glaubten, dass Armin Laschet Hannelore Kraft besiegen kann.“

Und das hängt mit Laschets zweitem Erfolgsgeheimnis zusammen: Der kleine Mann wirkt wie der harmlose, nette Nachbar von nebenan und wird deshalb voreilig von der Konkurrenz unterschätzt. Anders als Silberschopf Röttgen wurde er nie mit George Clooney verglichen oder – wie Christian Lindner – für rhetorische Pirouetten bejubelt. „The normal one“ (der Normale), würde Jürgen Klopp sagen.

Aber Laschet kann warten und zupacken, wenn seine Stunde schlägt: Als Röttgen bei der NRW-Wahl 2012 versagte, griff Laschet beherzt und endlich erfolgreich nach dem Parteivorsitz. Als Krafts Kabinett die Unzufriedenheit des Volkes mit der rot-grünen Politik nicht mehr wahrnahm, lernte Laschet plötzlich Attacke und holte am 14. Mai den Sieg. Doch die eigentlichen Herausforderungen liegen erst vor dem mit einer Buchhändlerin verheiraten Vater dreier erwachsener Kinder: NRW hat mit rund 140 Milliarden Euro den höchsten Schuldenberg aller Länder. Nur elf der 396Städte und Gemeinden sind schuldenfrei. Den Kommunen hat Laschet Entlastung versprochen – die wird er liefern und finanzieren müssen.

Das gilt auch für etliche andere Baustellen: Nach der Kölner Silvesternacht und Debatten über furchterregende „No-Go-Areas“ hat Laschet einen harten „Null-Toleranz-Kurs gegen Rechtsbrecher“ angekündigt. Die Abkehr vom verhassten „Turbo-Abi“ muss möglichst reibungslos organisiert, der Verkehrsinfarkt abgewendet werden.

Kanzlerin und Bundesparteichefin Angela Merkel wird sich ebenfalls umstellen müssen. Ihr Parteivize wird von Lindner zur Emanzipation von der Bundespolitik gedrängt – und zwar nach bayerischem Vorbild. (dpa)