Wallonische Regierung MR-CDH hat keine Mehrheit mehr

<p>Die MR-Abgeordnete Patricia Potigny wechselte zur Liste Destexhe.</p>
Die MR-Abgeordnete Patricia Potigny wechselte zur Liste Destexhe. | PHoto News


Die Regierung Borsus, die im Juli 2017 ins Leben gerufen wurde und mit 38 von 75 Sitzen im Regionalparlament nur einen Sitz Überschuss hatte, verfügt jetzt nur noch über 37 Mandate. „Abhängig von den Dekreten, die noch im Plenum zur Abstimmung kommen werden, werde ich von Fall zu Fall über mein Abstimmungsverhalten entscheiden – in Absprache mit meinem Kollegen André-Pierre Puget (einem wallonischen Abgeordneten, der bereits der Partei von Alain Destexhe beigetreten war, A.d.R.)“, so die Abgeordnete. Potigny verweist darauf, dass noch wichtige Themen auf dem Tisch liegen, wie die Abstimmung am Mittwoch über die von MR-Beschäftigungsminister Pierre-Yves Jeholet initiierte Reform des Systems zur Förderung der Beschäftigung im Sozial- und Verpflegungssektor (APE).
„Wir wollen die wallonische Exekutive nicht stürzen, sondern nur unsere Meinung äußern und Dekretvorlagen möglicherweise ändern“, erklärte seinerseits Destexhe, der vor zwei Wochen seinen Austritt aus der MR ankündigte. Seine neue Partei ist eine Art frankofone N-VA, aber ohne den institutionellen Teil aus dem Programm der flämischen Nationalisten. Wie Destexhe wirft auch Potigny den Liberalen vor, nicht rechts genug zu sein. Zudem beklagt sie sich darüber, dass die Partei „Jagd“ auf junge Gesichter mache. Möglicherweise spielte wohl auch mit, dass sie selbst keinen vorderen Listenplatz im Hennegau bekommen hat.
Der Übertritt von Potigny sei überraschend gekommen, hieß es bei der MR. „Es gab keine Vorzeichen für diesen Wechsel“, sagte Fraktionschef Jean-Paul Wahl, der nach eigenen Angaben erst aus der Presse davon erfahren hatte. Jeholet sagte dem Sender RTBF, dass er den Weggang von Potigny bedauere. Auch mache er sich nun Sorgen um „seine“ APE-Reform, gegen die übrigens am Montag Tausende in den Straßen von Namur protestierten. „Bei der Abstimmung am Mittwoch hoffe ich, dass jeder nach bestem Wissen und Gewissen die richtige Entscheidung trifft.“ Parteichef und Premier Charles Michel meinte bei einer Pressekonferenz: „Es obliegt Ministerpräsident Borsus, Gespräche zwecks Organisation der Arbeit von Regierung und Parlament zu führen.“ Der Weggang der Abgeordneten sei außerdem zu „relativieren“, da sie bei den letzten Kommunalwahlen „ein bescheidenes Ergebnis erzielt hatte“.
Die CDH versicherte, dass sie ihren Verpflichtungen gegenüber der MR treu bleiben werde. Für die Oppositionspartei PS, bis 2017 der Koalitionspartner der CDH, ist die MR zu einem Faktor der Instabilität in den Regierungen geworden, die sie leitet. „Die beiden von der MR geführten Regierungen sind nun Minderheitskabinette. Diesmal kommt die Instabilität sogar aus den eigenen Reihen. Wie kann die Mannschaft von Willy Borsus unter solchen Bedingungen noch den Aufschwung der Wallonie bewältigen?“ kommentierte der PS-Fraktionschef im Regionalparlament, Pierre-Yves Dermagne. Könnten die Sozialisten die erforderlichen Stimmen für die APE-Reform liefern? „Die Tür ist nicht geschlossen, aber es wird sehr kompliziert“, so Dermagne. Die PS forderte die Minderheitsregierung auf, auf die Stimme der Straße zu hören, die sich am Montag in Namur gegen die APE-Reform aussprach. Für Ecolo ist „das Fehlen einer Mehrheit eine Gelegenheit, nicht für diese Reform zu stimmen“. Über diese Reform dürfe nicht abgestimmt werden. Alle Beteiligten sind dagegen: Verbände, Kommunen, Arbeitgebervertreter und Arbeitnehmervertreter. (gz/belga)

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