Ultrakonservativer Jude doch kein Kandidat für CD&V in Antwerpen

Kris Peeters (r.) und Aron Berger bei der Pressekonferenz am Mittwoch in Antwerpen. | belga



Antwerpen sollte der Ort werden, wo man die N-VA in die Knie zwingen würde. Dafür wollte CD&V-Vizepremierminister Kris Peeters höchstpersönlich sorgen, der speziell in die Scheldemetropole umzog. Der Wahlkampf begann jedoch mit einem gewaltigen Ausrutscher bei der Listenbildung, deren Amateurhaftigkeit die Parteispitze in höchstem Maße irritierte. Es scheint, als ob die Herausforderer von De Wever in Antwerpen alles tun, um sich selbst ein Bein zu stellen. Nach SP.A hat sich jetzt CD&V ins eigene Knie geschossen.

Diese Krise habe Peeters, der für die Listenbildung verantwortlich zeichnet, sich selbst zu verdanken, heißt es bei den Christdemokraten. Mit dem ultrakonservativen (chassidischen) Juden Aron Berger entgleiste die Sache vollends. Die Neuanwerbung enthüllte selbst auf Facebook seinen Listenplatz. Peeters war überrumpelt, und Parteipräsident Wouter Beke musste kleinlaut zugeben, dass er über die Kandidatur des Mannes überhaupt nicht auf dem Laufenden war. Die Nachricht, dass „die CD&V einen Kandidaten auf der Liste hat, der sich weigert, Frauen die Hand zu geben“, verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und schnell fanden sich in Radio- und Fernseh-Archiven noch mehr höchst zweifelartige Standpunkte von Berger: Er sei gegen gemischte Schulen und tue sich schwer mit Schwulen. Die Vertreter der chassidischen Glaubensbewegung halten sich streng an religiöse Regeln und haben einen hohen moralischen Anspruch.

Peeters und sein Kommunikationsteam hatten am Dienstag völlig die Kontrolle über die Ereignisse verloren. Zunächst hatte der Vizepremier noch erklärt, dass „alle Kandidaten die Gleichheit zwischen Mann und Frau respektieren müssen“ und die Kandidatur des orthodoxen Juden nicht weiter infrage gestellt. Erst als aus der eigenen Partei zunehmend Kritik kam und verlautete, dass „eine rote Linie überschritten wurde“, lenkte Peeters ein: Berger müsse Frauen sehr wohl die Hand schütteln oder er stehe nicht mehr auf der Liste. Ein unmöglicher Catch 22 für den Juden: Seine potenziellen Wähler – in Antwerpen leben rund 20.000 orthodoxe Juden, darunter 4.000 bis 6.000 Chassidim – würden es ihm nie verzeihen, wenn er sich nicht an seine Glaubensprinzipien hält.

Am Mittwoch lautete die Botschaft: Schadensbegrenzung. Aber die angekündigte Pressekonferenz zur Listenvorstellung eskalierte zu einem Drama. Fernsehkameras waren plötzlich nicht mehr zugelassen, und dann kam die Nachricht, dass Berger jüngst wegen Diebstahls verurteilt worden war: Er hatte einen alten, kranken Mann um 28.500 Euro beraubt, der ihn um Hilfe bei der Regelung einer Nachlassenschaft gebeten hatte. Weil der Urteilsspruch ausgesetzt wurde, hat Berger weiterhin ein weißes Strafblatt.

Schließlich fand die Pressekonferenz doch statt. Dabei wurde bekannt, dass Berger seine Kandidatur zurückgezogen habe. Sie sei nicht vereinbar mit seinem Glauben. „Das Problem ist nicht gelöst, wenn ich heute einer Frau die Hand gebe – auch nicht mit der Zustimmung des Rabbiners“, so Berger.

Die Verlierer der ganzen Aufregung um Berger sind die CD&V und ihr Spitzenkandidat Kris Peeters, während die anderen Parteien sich die Hände reiben. „Wahnsinn wie in Antwerpen Geschenke an De Wever verteilt werden“, meinte ein CD&V-Politiker.