Altherrenkarneval in Hanoi: Trump bietet Kim erneut große Bühne

<p>Kim Jong Un ließ sich auf seinem Weg nach Hanoi  in Nordkorea mit großem Pomp verabschieden.</p>
Kim Jong Un ließ sich auf seinem Weg nach Hanoi in Nordkorea mit großem Pomp verabschieden. | Photo News


In Brüssel, wo seit vielen Jahrzehnten treue Verbündete der USA sich die Augen reiben, würde man sich wahrscheinlich freuen, wenn der US-Präsident der EU seine Aufwartung machen würde. Doch für die hat er nur Verachtung übrig. Während mit Blick auf den Gipfel von Hanoi Scharen von Diplomaten an den Vorbereitungen werkelten, werden in Washington Pläne gewälzt, wie man Produkte aus dem verbündeten Europa zur Gefahr für die nationale Sicherheit erklären und mit Strafzöllen belegen kann.

Die Welt tickt in diesen verrückten Zeiten wirklich verkehrt herum. Doch Trump kümmert das wenig: Für ihn zählt, dass er die Musik macht und dass die Welt nach seiner Pfeife tanzt. Wer das nicht will, bekommt die geballte Kraft der immer noch mit großem Abstand mächtigsten Nation der Welt zu spüren. Egal, ob Freund oder Feind: Wer nur die Augen auf sich selbst richtet, kann solch subtile Unterschiede eh nicht erkennen. Oder sie sind ihm gleichgültig.

Mit der Wahl Hanois als Austragungsort des asiatischen Karnevals will Trump angeblich dem Diktator aus Nordkorea zeigen, dass der Weg vom verhassten, isolierten Land in die moderne globale Welt möglich sei, heißt es. Dabei vergisst Trump, dass in Vietnam immer noch keine Demokratie herrscht. Und dass Kim Jong Un als Botschaft mit nach Hause nehmen könnte, dass die ökonomischen Faktoren für den US-Präsidenten wichtiger sind als Menschenrechte und Demokratie. Womit er wahrscheinlich gar nicht so falsch läge.

Viel wahrscheinlicher ist aber, dass Kim Jong Un ganz einfach die unverhoffte Chance zum zweiten Mal nutzt, auf internationalem Parkett seinem unterdrückten Volk zu zeigen, dass die Dynastie, zu der er gehört und die Nordkorea seit 1948 mit rücksichtsloser Brutalität beherrscht, ihren Platz neben den ganz Großen hat. Und sonst: Spesen!

Trump erweist den wahrlich nicht beneidenswerten Nordkoreanern also einen Bärendienst. Für ihn zählt sowieso weit mehr, dass er durch das Theater im fernen Vietnam davon ablenken kann, dass für ihn in Washington die Luft zunehmend dünn wird. Wenn‘s innenpolitisch brenzlig wird, gilt immer noch als probates Mittel, außenpolitisch abzulenken. Notfalls durch Auftritte an der Seite von Diktatoren der übelsten Sorte.

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