„Knutschkugel“ als E-Mobil zurück

Ein Elektroauto vom Typ Microlino der Firma Micro ähnelt im Design einer BMW Isetta aus den 1950er Jahren. | dpa

Oliver Ouboter hat das, wovon die Industrie auf der Hannover Messe spricht: ein altes Technikkonzept in neuem Gewand.

In Halle 27 präsentiert er den Microlino – ein zweisitziges Elektroauto im Isetta-Retrolook. Seit es der Schweizer Tretroller-Hersteller Micro Mobility Systems 2016 erstmals auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert hat, schnellten die Reservierungen in die Höhe. „Wir liegen momentan bei 2900 Reservierungen und gehen bis zum Jahresende von 5000 aus“, sagt Ouboter, der die moderne Neuauflage der einst von BMW gebauten legendären Nachkriegslegende gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder zunächst als PR-Gag entworfen hatte.

Gestern trifft auf morgen: Bei der Hannover Messe ist das Thema Programm. Dort hat die Industrie nicht nur die digitale Zukunft fest im Visier, sondern auch den Blick zurück im Programm. Zwar sind die liebevoll restaurierten Shuttle-Bullis von VW für die Messe-Besucher nur eine nostalgisch-verklärte Randnotiz. Doch an anderer Stelle wird die Technik von einst bewusst als Demonstration eingesetzt. Sie soll dem noch immer zaudernden Mittelstand Mut machen, sich auf das Abenteuer der vernetzten Industrie von morgen einzulassen.

Die moderne Version der einst liebevoll als „Knutschkugel“ gefeierten Isetta, die mit ihrer nach vorne öffnenden Tür auf ein italienisches Design zurückgeht, ist so ein Beispiel.

Auf der Hannover Messe ist die Nachfrage rege. „Das Ding ist ne Wucht – kann ich heute schon einen bestellen?“, fragt etwa Guido Rösler, der den kleinen Flitzer für seine Jagdleidenschaft nutzen will und einst als Student mit einer gebrauchten BMW-Isetta durch München gefahren ist.

China half mit

Als praktisches Elektroauto ohne hohe Ansprüche soll es ohne Schnelllade-Säulen auskommen, da es jede normale Steckdose als Aufladestation nutzen kann. Der 400 Kilogramm leichte Prototyp wurde unter anderem mit 3D-Druck-Komponenten in China zusammengebaut und soll im kommenden Jahr mit einer Faserverbund-Karosse und einem 24-PS-Elektromotor beim italienischen Elektroautomobilhersteller Tazzari in Italien in Serie gehen.

So wie das Rollermobil Isetta in den 50er Jahren zur Massenmobilisierung beitrug, soll der Microlino nach der Vorstellung von Ouboter trotz einer Reichweite von gerade mal 100 Kilometern heute der E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen. (dpa)