Brexit sorgt für Unruhe an der Costa del Sol

Die Folgen des Brexits sind für viele noch Zukunftsmusik – Violeta Aragón Correa bereitet das Votum der Briten für einen EU-Austritt allerdings schon jetzt Kopfschmerzen. „Die Briten, seit jeher unsere besten ausländischen Kunden, kaufen nach dem Referendum in ganz Spanien immer weniger Immobilien. Hier an der Costa del Sol spürt man das umso deutlicher“, erzählt die Generalsekretärin des Bauträger-Verbandes der südspanischen Provinz Málaga (APC) mit besorgter Miene.

Mit rund 65.000 der landesweit über 300.000 angemeldeten britischen Residenten ist die Costa del Sol – die Heimat von Hollywoodstar Antonio Banderas und Maler Pablo Picasso – neben der Provinz Alicante die verhältnismäßig größte britische Expat-Hochburg in Spanien – und wohl der ganzen EU. Nach Behördenschätzung wohnen sogar mindestens drei Mal so viele Engländer, Schotten, Waliser und Nordiren die längste Zeit des Jahres in der Region. Viele melden sich aus steuerlichen Gründen, andere aus Bequemlichkeit nicht an.

Die Briten kaufen nicht nur weniger – sie beginnen auch, verstärkt Immobilien abzustoßen.

Der geplante EU-Austritt bringt viele Unsicherheiten: Wird das Pfund weiter an Wert verlieren? Wie einfach werden Briten noch in Spanien, Italien oder Deutschland wohnen können? Wenn die im EU-Ausland lebenden Briten sich auch um die Bezahlung ihrer medizinischen Versorgung, um Rente oder Arbeitsplatz zunehmend Sorgen machen, bekommt man das in Gemeinden wie Mijas, Benalmádena und Marbella im sogenannten „Briten-Land“ im westlichen Teil der Costa besonders deutlich mit. „Es werden inzwischen auch Kaufreservierungen gecancelt“, erzählt Aragón Correa.

Konkrete Zahlen gibt es vorerst nur für ganz Spanien. Nach Angaben der Vereinigung der Grundbuch- und Handelsregisterführer fiel der Anteil der britischen Käufe an der Gesamtzahl der von Ausländern erworbenen Immobilien in den vergangenen Monaten rasant: Von rund 24 Prozent im vierten Quartal 2015 auf 16,4 Prozent ein Jahr später. „Ganz klar Brexit-Effekt“, so die „Registradores“. Der junge Makler Paco bekommt ihn in Benalmádena auch mit: „Die Briten drücken sich nicht mehr die Nasen an unserer Ladenscheibe platt.“Mijas ist mit rund 11.500 Angemeldeten die größte britische Costa-Gemeinde. Dort hatte Bürgermeister Juan Carlos Maldonado nach dem Votum im vorigen Juni von einem drohenden „Erdbeben“ gesprochen. Die ersten Erschütterungen kommen nun früher als befürchtet. Die Briten kaufen nicht nur weniger – sie beginnen auch, verstärkt Immobilien abzustoßen. Die Zahl der von Briten verkauften Wohnungen und Häuser sei seit der Abstimmung um 16,5 Prozent gestiegen, so der regionale Verband der Grundstücksverwalter.

„Die politische und wirtschaftliche Ungewissheit treibt viele Briten zu einem bis vor kurzem noch völlig undenkbaren Schritt: Den Verkauf der Wohnung in Málaga“, sagt Verbandschef Fernando Pastor. Man befürchtet für die nächsten Monate drastische politische Maßnahmen und sinkende Preise.

An der Costa del Sol gibt es Dutzende englischsprachige Schulen, Arztpraxen und Kanzleien, die von den „Guiris“ leben. Die in Málaga erscheinende „Sur in English“ ist mit einer Auflage von rund 50.000 eine der größten Zeitungen auf Englisch auf dem europäischen Festland. Backstuben, Bestattungsfirmen und Banken kommunizieren und werben vor allem auf Englisch. „Pleased to meet YOU“, steht groß auf Schaufensterplakaten.

Wegen der Pfund-Schwäche bereitet auch der traditionelle Tourismus Sorgen – die schwächere Währung macht Reisen ins Ausland für Briten teurer. Aber (noch) ist nichts zu spüren. Im Gegenteil: Briten gaben 2016 in Spanien die Rekordsumme von 16,25 Milliarden Euro aus. Das sind 13 Prozent mehr als 2015, 21 Prozent aller Ausgaben von Ausländern. (dpa)