Medwedew statt Alcaraz: „Hungriger“ Djokovic knabbert in New York an der 24

<p>Will seinen 24. Grand-Slam-Titel: Novak Djokovic</p>
Will seinen 24. Grand-Slam-Titel: Novak Djokovic | Foto: Photo News

Novak Djokovic verfolgte tiefenentspannt „mit hochgelegten Füßen, Popcorn und ein paar kühlen Drinks“ vor dem Fernseher, wie sich Carlos Alcaraz und Daniil Medwedew im besten Match der US Open gnadenlos durch das Arthur Ashe Stadium jagten. Dass der serbische Grand-Slam-Rekordsieger im Finale von Flushing Meadows nicht auf den spanischen Titelverteidiger Alcaraz und stattdessen auf dessen durchaus etwas unerwarteten Bezwinger Medwedew trifft, ändert für Djokovic auf der Jagd nach seinem 24. Major-Erfolg nichts.

„So oder so erwarte ich aber das für mich härteste Match des Turniers“, sagte Djokovic mit Blick auf den New Yorker Showdown am Sonntag (22.00 Uhr). Nach einer souveränen Halbfinal-Vorstellung beim 6:3, 6:2, 7:6 (7:4) gegen US-Youngster Ben Shelton (20) geht der 36-Jährige mit jugendhafter Euphorie in sein 36. Grand-Slam-Finale: „In solchen Matches blühe ich auf, die lassen mich jeden Tag aufs Neue hart arbeiten.“

Medwedew wird Djokovic in dessen zehntem US-Open-Finale (von den bisherigen neun gewann er nur drei, seine mit Abstand schlechteste Major-Quote) ganz anders fordern als Überraschungsmann Shelton. „Das war echt ein erstaunliches Match von mir“, sagte Medwedew, nachdem er nach 3:18 Stunden allerbestem Tennis 7:6 (7:3), 6:1, 3:6, 6:3 gegen den sieben Jahre jüngeren Alcaraz triumphiert hatte: „Ich wusste, dass ich vom Niveau her eine 11 von 10 spielen muss, um heute zu bestehen - und ich habe 12 von 10 gespielt.“

Es ging viel um Revanchen an diesem Freitagabend. Djokovic hätte gerne die Chance erhalten, sich für die Niederlage im Wimbledon-Finale gegen Alcaraz zu revanchieren. Nun gibt es die Gelegenheit, gegen Medwedew für die krachende Dreisatz-Niederlage im New Yorker Endspiel von 2021, die ihn den „Kalender-Grand-Slam“ kostete, Wiedergutmachung zu betreiben. Weil eben Medwedew eindrucksvoll Genugtuung für die Halbfinal-Abfuhr von Alcaraz in Wimbledon erhielt.

Vor 23.000 Zuschauern, darunter Football-Ikone Tom Brady sowie die Hollywood-Stars Charlize Theron und Ben Stiller, lieferte sich Medwedew einen phasenweise atemberaubenden Schlagabtausch mit Alcaraz, dem Noch-Weltranglistenersten. Am Montag, das stand bereits vor dem Halbfinale fest, wird Djokovic, im Vorjahr wegen seiner trotzigen Impfverweigerung ungleich unentspannterer TV-Konsument der gesamten US Open, wieder Nummer eins werden - seine 390. Woche an der Spitze.

Weil Alcaraz, der zuvor dem angeschlagenen Alexander Zverev keine Chance gelassen hatte, gegen Medwedew mitunter zwar zauberte, aber ungewohnt fehlerbehaftet auftrat, setzte sich letztlich der fast makellos spielende Medwedew durch. Und machte seinen Frieden - „die Zuschauer waren großartig“ - mit dem New Yorker Publikum, mit dem er sich seit Jahren leidenschaftlich anlegt. „Gegen Novak muss ich aber noch besser sein“, sagte Medwedew, „die Herausforderung ist, dass ich gegen einen Kerl spiele, der 23 Grand-Slam-Titel hat. Und ich habe nur einen einzigen.“

Dieser Kerl befindet sich im 21. Jahr seiner Profikarriere, die im Januar 2003 mit einer Niederlage in München gegen den deutschen Aufschlagkönig Alex Radulescu begonnen hatte, als Alcaraz noch nicht einmal geboren war. „Auch mit 36 Jahren, nach 20 Jahren, die ich nach New York komme, verspüre ich immer noch den Hunger, auf diesem Court mein bestes Tennis zu spielen“, sagte Djokovic, der zum ältesten US-Open-Champion seit Bill Tilden werden kann. Der gewann zuletzt 1929. (sid/leo)

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