DG als Vorbild: Bürgerrat nimmt Arbeit in Aachen auf

<p>In der vergangenen Woche wurde der Bürgerrat in Aachen vorgestellt.</p>
In der vergangenen Woche wurde der Bürgerrat in Aachen vorgestellt. | Foto: Stadt Aachen/Jane Kaimer

Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen schätzt besonders den partizipativen Ansatz dieses neuen Gremiums: „Der Bürger*innenrat ist ein zentraler Baustein des Bürger*innendialogs. Es geht nicht um ein Diskussionsforum, sondern um ein wirksames Instrument, das Dinge in dieser Stadt nach vorne bringt und in der Umsetzung von den Menschen getragen wird.“

Im Bürgerrat der Stadt Aachen werden 56 nach Alter, Bildung und Sozialräumen repräsentativ ausgewählte Bürger vertreten sein. Die Teilnahme ist freiwillig. Der Bürgerrat kommt zwei- bis dreimal im Jahr zusammen und berät – unterstützt von Fachleuten – über ein relevantes städtisches Thema, das vorher von Mitbürgern vorgeschlagen und nach Diskussion im Bürgerforum vom Rat beschlossen wurde. Unterstützt wird der Bürgerrat von Fachleuten für das jeweilige Thema. Die Mitglieder werden jedes Jahr neu bestimmt.

Dana Duikers, Leiterin des Fachbereichs Bürgerdialog und Verwaltungsleitung betont: „Hier kommen Menschen miteinander ins Gespräch, die sich sonst im Alltag kaum begegnen, und sprechen in einem moderierten Rahmen über ein Thema, das alle bewegt – zum Beispiel: Wie schaffen wir mehr soziale Gerechtigkeit? Wie können wir unseren Straßenraum für die unterschiedlichen Nutzer aufteilen? Wie kann unsere Stadt krisensicher werden? Durch die Diskussion erfolgt ein Perspektivwechsel, und Politik und Verwaltung erhalten eine unmittelbare Empfehlung aus der Bürgerschaft. Das ist für alle ein Gewinn.“

Alle Aachener ab 16 Jahren sind aufgerufen, eine Frage oder ein Thema einzureichen. Das Thema sollte für die gesamte Stadt relevant sein. Und: Es muss von der Stadt Aachen selbst entschieden werden können.

Damit es ins Auswahlverfahren kommt, müssen sich zudem 125 Menschen für das Thema ausgesprochen haben. Ein Begleitgremium sichtet die Themen und spricht nach festen Kriterien eine Empfehlung in Form eines Bürger-Gutachtens aus. Zu Beginn sind in diesem Gremium Menschen aus Politik, Verwaltung und der Initiative „Bürgerrat Aachen“ aktiv.

Zukünftig wird das Begleitgremium aus Mitgliedern der vorherigen Bürgerräte zusammengesetzt. Fünf Themenvorschläge werden öffentlich in einer Sitzung des städtischen Bürgerforums vorgestellt und mit den Bürgern diskutiert. Danach wird im Rat der Stadt Aachen über die Ergebnisse entschieden. Wenn der Rat zustimmt, erhält die Verwaltung den Auftrag, das Bürger-Gutachten umzusetzen.

Bis zum 10. März haben alle Einwohner in der Stadt Aachen die Möglichkeit, Themenvorschläge für das Jahr 2023 einzubringen.

Mathias Dopatka, SPD, erklärte als Vorsitzender des Bürgerforums: „Wir treten an Menschen heran, die vielleicht noch nie darüber nachgedacht haben, wie sie sich in der Stadt einbringen können. Aus Sicht der Politik kann ich nur sagen: Wir gehen davon aus, dass wir auf diese Art Ideen hören werden, die wir sonst gar nicht auf dem Schirm gehabt hätten. Und darauf freue ich mich sehr.“

In der Verwaltung wird es eine Stelle geben, die den Bürgerrat unterstützt und begleitet. Das Sekretariat wacht zudem über die Unabhängigkeit des Verfahrens und sorgt für die Kontinuität des Bürgerrats. Es stellt die Qualität und die Umsetzung der Ergebnisse sicher und ist verantwortlich für die ständige Verbesserung der Prozesse. Der Bürgerrat tagt jährlich zu einem neuen Thema. Dabei ist es wichtig, dass die Ergebnisse auch umgesetzt werden und die Fragen von einer hohen Qualität sind, um tatsächlich einen Mehrwert zu liefern.

Gereon Hermens, Sprecher der Initiative „Bürgerrat Aachen“ bedankte sich bei Politik und Verwaltung für die Umsetzung der Idee und betonte, wie wichtig das Format für den Zusammenhalt einer Stadt sei: „Es wird dazu führen, dass wir mehr Gemeinsamkeit und Gemeinschaft in dieser Stadt erleben können.“

Aachen blickte über die Landesgrenze hinweg nach Ostbelgien.

Anregungen für diese Form der Beteiligung fand die Aachener Initiative „Bürgerrat Aachen“ in der direkten Nachbarschaft Aachens, in Ostbelgien. Als Vorreiter hat die Deutschsprachige Gemeinschaft bereits seit vier Jahren Erfahrung mit dem Bürgerrat. Eingerichtet wurde er, um das Vertrauen der Bürger in Politik wiederherzustellen. Zugleich erhofft sich die DG, das Verständnis für die politischen Entscheidungsprozesse zu fördern und damit die demokratischen Institutionen zu stärken.

Als Sprecherin der Arbeitsgruppe, die sich arbeitsintensiv für den Bürgerrat engagiert hat, nennt Hilde Scheidt das neue Gremium einen „Booster für Demokratie“. Es sei eine Riesenchance für die Stadt, den Bürgern wirklich auf Augenhöhe zu begegnen: „Wir müssen dieses Wagnis eingehen, auch wenn es um kritische Fragen geht.“

Eine aktuell in den städtischen Citylights laufende Plakataktion zeigt Menschen, die bereits Themen eingereicht haben. Der Zeitplan: Im März entscheidet das Begleitgremium über die Relevanz der Fragen, im April werden sie in einer öffentlichen Sitzung beraten.

Noch vor der Sommerpause sollen 3.000 repräsentativ ausgewählte Personen angeschrieben und zur Teilnahme aufgefordert werden. Über ein Losverfahren werden 56 Menschen ausgewählt. Voraussichtlich nach der Sommerpause wird dann die erste Sitzung des Bürgerrates stattfinden können. (red/ab)

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