Misereor übt Kritik an der EU

<p>Feuerwehrleute bergen in Brumadinho eine Leiche. Helfer suchen im Schlamm nach Opfern und möglicherweise Überlebenden. Die Dämme eines Rückhaltebeckens der Eisenerzmine Córrego do Feijão waren am 25. Januar 2019 gebrochen. Eine Schlammlawine rollte über die Anlage und nahe Siedlungen hinweg und tötete Zahlreiche Menschen.</p>
Feuerwehrleute bergen in Brumadinho eine Leiche. Helfer suchen im Schlamm nach Opfern und möglicherweise Überlebenden. Die Dämme eines Rückhaltebeckens der Eisenerzmine Córrego do Feijão waren am 25. Januar 2019 gebrochen. Eine Schlammlawine rollte über die Anlage und nahe Siedlungen hinweg und tötete Zahlreiche Menschen. | Archivfoto: picture alliance/dpa

Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerkes Misereor, Pirmin Spiegel, kritisiert die Weigerung der Europäischen Union, sich an den Verhandlungen zu beteiligen: „Die EU und die Bundesregierung dürfen sich den Verhandlungen über dieses Abkommen nicht länger entziehen, das den Schutz von Menschenrechten in der globalen Wirtschaft im Völkerrecht wesentlich verbessern würde. Auch als Friedensnobelpreisträger steht die EU hier in einer bleibenden Verantwortung“, wird Spiegel in einer Mitteilung von Misereor zitiert.

Nach dem Vertragsentwurf müssten Staaten die Unternehmen gesetzlich zu Vorbeugemaßnahmen verpflichten, den Rechtsschutz von Betroffenen verbessern und sicherstellen, dass Handelsabkommen den Schutz von Menschenrechten nicht behindern. Laut Pirmin Spiegel könnte ein UN-Abkommen dazu beitragen, vermeidbare Katastrophen wie den Dammbruch der Eisenerzmine im brasilianischen Brumadinho vom 25. Januar 2019 zu verhindern, bei dem 272 Menschen getötet und die Region mit 13 Millionen Kubikmetern giftigen Klärschlämmen verseucht wurde. „Genau 1.000 Tage sind seit dem Dammbruch vergangen, und noch immer warten die betroffenen Familien auf eine Entschädigung und eine Entschuldigung der beteiligten Unternehmen." Der brasilianische Bergbaukonzern VALE und das deutsche Prüfunternehmen TÜV Süd seien zuvor über die Stabilitätsrisiken im Bilde gewesen, hieß es. „Dennoch stellte die brasilianische Tochter von TÜV Süd die Stabilitätserklärung für den Damm aus und VALE setzte die dortigen Bergbauaktivitäten fort.“ Gemeinsam mit fünf Hinterbliebenen reichten Misereor und ECCHR deshalb Strafanzeige gegen TÜV Süd und einen Mitarbeiter ein. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Bereits 2014 habe der UN-Menschenrechtsrat einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe das Mandat erteilt, ein völkerrechtliches Instrument zum Schutz der Menschenrechte in der Wirtschaft zu erarbeiten. Die EU und die Bundesregierung wollten an der Sitzung der Arbeitsgruppe zwar teilnehmen, sich an den Verhandlungen aber explizit nicht beteiligen. „Seit sieben Jahren versucht die EU den Prozess zum Menschenrechtsabkommen auszubremsen. Dabei liegt es gerade im europäischen Interesse, durch internationale Menschenrechtsstandards auch Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft zu vermeiden“, erklärt der gebürtige Ostbelgier Armin Paasch, der Menschenrechtsexperte bei Misereor ist.

Deutsche Unternehmen würden bereits 2023 zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards in der Lieferkette verpflichtet, und auch eine EU-Regelung ist in Vorbereitung. Armin Paasch kritisiert zudem, dass die EU zu keinem Entwurf bisher eine Analyse oder Verbesserungsvorschläge vorgelegt habe, zugleich aber die angeblich mangelnde Qualität des aktuellen Entwurfs beklage. Das neue Rechtsgutachten von Prof. Krajewski entziehe dieser Argumentation jegliche Grundlage. Auch von der deutschen Bundesregierung forderte Armin Paasch mehr Engagement ein: „Im Koalitionsvertrag sollte sich die künftige Bundesregierung klar zu dem Abkommen bekennen und in der EU für ein ambitioniertes Verhandlungsmandat eintreten.“ Armin Paasch wird in Genf an der Sitzung der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe teilnehmen und steht im Vorfeld und während der Verhandlungen für Rückfragen zur Verfügung. (red/sc)


Das Rechtsgutachten finden Sie unter diesem Link: https://www.misereor.de/fileadmin/publikationen/study-on-UN-binding-trea...

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment