„Oswalds Wochenbuch“

Manchmal lese ich „Oswalds Wochenbuch“, um gezielt eine andere Meinung als die meine zur Überprüfung meiner Sichtweise heranzuziehen. Aber dass ich im grenzecho.net einen solchen AfD-Sprech lese, treibt mich dann doch auf die Palme: „Und jeden Tag sterben weiter Menschen, die nicht darum gebeten haben, Vorhut westlicher Kriegstreiber zu sein.“ Was für ein hanebüchener Unsinn! Vielleicht möchte Oswald Schröder sich ja mal in die russisch besetzten Gebiete der Ukraine begeben, mit vergewaltigten Frauen sprechen oder sich probeweise in eines der Massengräber mit von russischen Truppen ermordeten Zivilisten legen. Oswald Schröder befeuert mit solch verantwortungslosem Unsinn die Täter-Opfer-Umkehr und die an Wahn grenzenden Behauptungen des Kriegsverbrechers Putin, was er noch damit unterstreicht, dass er wahrheitswidrig Putins Lüge wiederholt, wir befänden uns mit Russland im Krieg.

Dabei sind die Fakten klar, bedürfen aber offenbar der Wiederholung: Seit 2014 greift Russland die Ukraine an, nicht „der Westen“. Vor zwei Jahren sind russische, nicht „westliche“ Truppen in Massen in der Ukraine eingefallen, legen russische, nicht „westliche“ Bomben und Drohnen ukrainische Städte und Dörfer in Schutt und Asche.

Den Angegriffenen zu unterstützen - auch militärisch - ist nicht Kriegstreiberei, sondern humanitäre Pflicht. Auch mit seiner Aussage, dass Russland immer mehr Boden gewinne, verbreitet Schröder gerade mal eine Halbwahrheit und einen undifferenzierten Blick auf das Geschehen, den er korrigieren könnte, wenn er ihn auch auf den Zustand der russischen Schwarzmeerflotte und die erfolgreichen ukrainischen Angriffe auf die langen russischen Nachschublinien werfen würde.

Nur in einem Punkt hat Oswald Schröder recht: Der Wind für Putin bläst inzwischen zu einem erheblichen Teil auch aus dem Westen. Vor allem durch solche Halb- und Unwahrheiten, wie Sie Oswald Schröder verbreitet.

Kommentare

  • Sehr geehrter Herr Williams,
    danke für Ihren Leserbrief zu "Oswalds Wochenbuch" von gestern.
    Er trifft den Nagel voll auf den Kopf!
    Ganz besonders der letzte Abschnitt: "Der Wind für Putin bläst inzwischen zu einem erheblichen Teil auch aus dem Westen. Vor allem durch solche Halb- und Unwahrheiten, wie Sie Oswald Schröder verbreitet."
    Ich bin ganz Ihrer Meinung und würde mir wünschen, dass die Kolumnen des GE-Chefredakteurs i.R. möglichst bald eingestellt werden.
    Können wir locker drauf verzichten.
    Stattdessen könnte die GE-Redaktion sich durchringen, in regelmäßigen Intervallen Kommentare und Meinungen diverser kritischer Zeitzeugen zum aktuellen Weltgeschehen zu drucken. Vielfalt tut gut!
    Vom Putin-Versteher Oswald Schröder war meiner Meinung nach jedenfalls schon allzu viel Einseitiges zu lesen.

  • Kurz vor dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine glaubte Oswald Schröder in der Konzentration russischer Truppen an der ukrainischen Grenze einen “Hilferuf Putins” erkannt zu haben. Guter Zeitpunkt, spätestens ab da die Kommentare eines “Putin-Verstehers” meist zu ignorieren.
    Dennoch Dank an Herrn Williams und Herrn Velz für ihre Replik. Sie treffen beide den Nagel auf den Kopf.
    Dass das GE nach der von Oswald Schröder über Jahre monopolisierten Kommentarspalte, ihm weiterhin diese Bühne aus dem fernen München bietet, hat wohl seine Gründe. Die Meinung der GE-Redaktion dazu würde mich dennoch interessieren. Schließlich prägt eine solche Kolumne auch das Bild einer Redaktion.

  • Der Herr Schröder bleibt also weiterhin seiner Linie treu.
    So schrieb er am 15. Februar in seinem OWB (In der Druckausgabe: „Si vis pacem absiste ab bello“ – ein eigens von ihm kreiertes Zitat, das sich sonst nirgendwo findet):
    „Derzeit haben die Kriegstreiber die Oberhand. Der Gesprächsdraht nach Moskau wird bestenfalls für ein Diktat an den Kreml bemüht. Wie solche Diktate enden können, dürfte geschichtsbeflissene[n] Zeitgenossen aus der Entstehungsgeschichte der beiden großen Kriege des 20. Jahrhunderts zugegen sein.“

    Zwar ist anfangs nicht ganz klar, wen er mit den „Kriegstreibern“ meint. Putin, den „Westen“ oder beide?
    Der folgende Satz lässt da aber keinen Zweifel aufkommen, wenn es um ein angebliches Diktat „an“ den Kreml geht.
    Wenn der Westen von Russland die Einhaltung des Völkerrechtes und geltender Verträge einfordert, etwa der OSZE-Akte von Helsinki, ist das dann ein „Diktat“?

    Der nächste Satz ist auch wieder eine Zumutung für jeden „geschichtsbeflissenen Zeitgenossen“:
    Wo sieht Herr Schröder ein „Diktat“ von Frankreich und Großbritannien an Hitler, das zum Zweiten Weltkrieg geführt hätte?
    War es nicht doch eher umgekehrt? Hitler gelobte noch 1938 „Es [die Abtretung des Sudetenlandes] ist die letzte territoriale Forderung, die ich in Europa zu stellen habe, […]“
    Die Westmächte waren naiv genug, das zu glauben und unterzeichneten das Münchener Abkommen, ohne die Tschechoslowakei auch nur zu fragen. Der weitere Ablauf ist bekannt.
    Sollte der „Westen“ jetzt mit der Ukraine ebenso verfahren? Ist es das, was Herr Schröder will?

    Es ist leider kaum zu erwarten, dass Herr Schröder auf die von Herrn Williams vorgebrachte Kritik eingehen wird. Genauso wenig wie er das auf die Frage getan hat, wie er sich denn nun die „Kehrtwende“ und die „unpopulären Entscheidungen“ vorstellt, die er im Agrarbereich von den Politikern auf EU-Ebene einfordert
    (OWB vom 08.02.2024 „Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht“)

  • Da hier schon vom „Diktat“ der Westmächte an den Kreml die Rede war, gebietet es die Fairness, auch die Gegenseite in der Person von Medwedew, dem Kettenhund Putins, zu Wort kommen zu lassen. Er formulierte sein „Angebot zu Verhandlungen“ in sieben Punkten kürzlich wie folgt:

    1) Die „frühere Ukraine“ habe ihre Niederlage einzugestehen, bedingungslos zu kapitulieren und auf jegliche Truppen zu verzichten.

    2) Die internationale Gemeinschaft habe den «Nazi-Charakter» der ukrainischen Führung anzuerkennen und eine Entnazifizierung unter der Kontrolle der Uno ( ! ) durchzusetzen.

    3) Die Vereinten Nationen ( ! ) hätten sodann festzustellen, dass die Ukraine ihren Status als völkerrechtliches Subjekt verloren habe und dass ohne die Zustimmung Russlands kein Rechtsnachfolger in eine Militärallianz eintreten dürfe.

    4) Alle staatlichen Machtorgane sollten aufgelöst und Neuwahlen unter der Aufsicht der Uno ( ! ) durchgeführt werden.

    5) Das neugewählte Übergangsparlament habe Reparationen und Kompensationen an Russland und an geschädigte Russen zu entrichten.

    6) Das Übergangsparlament habe zu beschließen, dass das ganze Territorium der «früheren Ukraine» Territorium der Russischen Föderation sei, und ein Gesetz über die Vereinigung der Ukraine mit Russland zu verabschieden.

    7) Zum Schluss fordert Medwedew die Auflösung des Übergangsparlaments und die Anerkennung der Vereinigung Russlands mit der Ukraine durch die Uno ( ! ).

    Laut Medwedew handelt es sich um eine «milde russische Friedensformel», einen Kompromiss, aufgrund dessen «produktive Gipfel» unter Einbezug «unserer engen Freunde, der westlichen Partner» abgehalten werden könnten.
    Na, wenn das kein „Diktat“ ist, oder um mit Don Corleone zu sprechen, „Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. "
    Was nun, Herr Schröder? Vielleicht könnten Sie das als Thema für Ihr nächstes "Wochenbuch" nehmen?

    Quellen: nzz, merkur und für die, die Russisch können: TASS.

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