Stuhl von Galant wackelt, kippt aber (noch) nicht

Mobilitätsministerin Jacqueline Galant steht unter Beschuss. Die Vorwürfe sind kein Pappenstiel: Sie soll sich geweigert haben, in die Sicherheit am Brüsseler Flughafen zu investieren. | belga


„Galant verteidigt wirtschaftliche und private Interessen. Trotz aller Bemühungen stelle ich fest, dass ich nicht mehr mit der Ministerin und ihrem Kabinett zusammenarbeiten kann“, so Ledoux zur Begründung seiner Kündigung. Er sprach in einem Interview mit der Zeitung „De Tijd“ sogar von „Gestapo-Methoden“. „Ich tue jetzt nur das, was die Ministerin schon länger selbst hätte machen müssen: Verantwortung zeigen und zurücktreten“, so Ledoux am Donnerstag gegenüber dem Rundfunksender Bel RTL. „Die Situation war unerträglich geworden. Die Art und Weise, wie sie ihre Dossiers verwaltet, führt uns direkt an den Abgrund. Es musste ein starkes Zeichen gesetzt werden. Ich hoffe, dass es ihr hilft, endlich auf ihre Verwaltung zu hören. Ich zeige ihr den Weg.“

Ausschlaggebend für das Tamtam war ein vertraulicher Inspektionsrapport der EU-Kommission. Dieser Bericht stellt der Kontrolle der Sicherheit an den belgischen Flughäfen ein äußerst schlechtes Zeugnis aus. Ledoux sagt, dass er am 1. Februar formal um mehr Personal und Mittel für die Ausführung der Kontrollen gebeten habe, die Ministerin und ihr Kabinett aber nicht auf ihn hören wollten. „Bereits im Jahr 2014 hatten wir den Personalmangel angeprangert“, so Ledoux. Damit wolle er aber nicht gesagt haben, dass dadurch die Anschläge am Airport in Zaventem hätten verhindert werden können. „Ich will ihr nicht die Verantwortung für die Attentate in die Schuhe schieben. Das wäre absurd.“ Jacqueline Galant bestreitet, dass die Verwaltung von Ledoux einen Antrag gestellt habe.

Der Verwaltungschef ist aber offensichtlich nicht gewillt, sich auf leisen Sohlen zurückzuziehen. Über die Grünen-Parteien Ecolo und Groen wurden am Donnerstg neue Dokumente enthüllt, die belegen sollen, dass Galant – nach wiederholten Anfragen der Verwaltung – sich weigerte, in die Sicherheit der Flughäfen zu investieren.

Jacqueline Galant entpuppt sich mehr und mehr als schwaches Glied der Föderalregierung. Doch schon am Mittwoch schlossen die MR und Premier Charles Michel die Ränge. Am Donnerstagnachmittag dann die Plenarsitzung in der Kammer: Wer erwartet hatte, dass die Opposition sich auf Galant einschießen würde, wurde enttäuscht: Zunächst schaffte es Kammerpräsident Siegfried Bracke (N-VA), die lästigen Fragen an die Adresse des Premiers hinauszuzögern und die Opposition mürbe zu machen, indem er stundenlanges Palaver über die Haushaltskontrolle vorzog. Dann gelang es dem Regierungschef abermals, seine Parteikollegin in den Windschatten zu setzen: Die Klagen und Fragen der Opposition zu den mutmaßlichen Verfehlungen der Mobilitätsministerin verwies er an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Brüsseler Anschlägen. „Alles muss geklärt werden, es müssen die richtigen Lehren gezogen werden“, so Michel.

Oppositionspolitiker hatten vorausgesagt, dass Galant keinen anderen Ausweg habe als zurückzutreten. Aber sie hatten die Rechnung ohne die Mehrheit gemacht.