Ein Quartett kämpft um den Titel bei den US Open

Novak Djokovic: „Ich habe immer mindestens zehn T-Shirts zu jedem Match mitgebracht.“Foto: afp | 4

Novak Djokovic hatte seinen Oberkörper entblößt und sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt. Die Beine streckte er weit von sich, die Arme verschränkte er hinter dem Kopf. Breit grinsend verharrte er in dieser Pose, als wolle er zeigen, wie absurd es ist, in einer Sauna Profitennis zu spielen. „Diese US Open“, sagte Djokovic später mit Nachdruck, „sind definitiv die härtesten in den vergangenen zehn Jahren“.

Es war ein gnadenloses Ausscheidungsrennen, das die Spielerinnen und Spieler im teilweise tropischen New York bis zum Halbfinale der Männer am Freitag erlebten. Noch tief in der Nacht zeigte das Thermometer über 30 Grad, extreme Luftfeuchtigkeit erschwerte das Atmen. Ganz nach Darwins Prinzip „Survival of the Fittest“ kamen nur die durch, die sich den Bedingungen am besten anpassten.

Neben Djokovic sind das der Weltranglistenerste Rafael Nadal, der frühere Turniersieger Juan Martin del Potro und Ex-Finalist Kei Nishikori. Ein Quartett, das nicht nur Matches gegen fünf Gegner, sondern auch die Hitzewelle der vergangenen Tage überstand. Als Lohn winkt der Titel im Endspiel am Sonntag – und ein Halbfinale unter klimatisch angenehmen Verhältnissen.

Abkühlung in Form von Gewittern hatte sich angekündigt, und nicht nur Djokovic atmete auf. Der Wimbledonsieger aus Serbien, derzeit wohl der heißeste Anwärter auf den Triumph in Flushing Meadows, kämpfte auch in seinem Viertelfinale gegen Federer-Bezwinger John Millman wieder mit den Bedingungen. Nach dem 6:3, 6:4, 6:4 gegen den Australier sagte Djokovic: „Ich habe noch nie so geschwitzt. Unglaublich. Ich habe immer mindestens zehn T-Shirts zu jedem Match mitgebracht.“

Auch der Weltranglistenerste Nadal litt auf dem Platz, die größte Herausforderung steht dem Spanier aber erst noch bevor. Will er den Traum von der Titelverteidigung am Leben halten, muss er den Argentinier del Potro bezwingen, mit dem er in New York nicht nur die guten Erinnerungen aus dem Halbfinale 2017 verbindet. Auf dem Weg zu seinem Titelgewinn vor neun Jahren deklassierte del Potro Nadal. Und: Im Schwitzbad von Flushing Meadows verbrachte er fast vier Stunden weniger auf dem Platz als sein Kontrahent.

Seine Form könnte kaum besser sein, sein Selbstvertrauen kaum größer. „Ich mag es, gegen die Nummer eins zu spielen. Ganz egal, bei welchem Turnier, bei welchen Bedingungen oder bei welchem Wetter“, sagte del Potro. Nadal erwartet nach dem Marathonmatch gegen den Österreicher Dominic Thiem „ein weiteres hartes Duell“, auf Hardcourt sei del Potro ein ganz anderes Kaliber als auf Sand oder Rasen. In Paris hatte Nadal den Weltranglistendritten klar geschlagen, in Wimbledon denkbar knapp in fünf Sätzen.

Eine leichtere Aufgabe erwartet Djokovic – zumindest auf dem Papier. Gegen den Japaner Nishikori hat er 14 von 16 Begegnungen gewonnen, das einzige Aufeinandertreffen in New York allerdings verloren. Vor vier Jahren setzte sich Nishikori im Halbfinale überraschend durch, verlor das Endspiel jedoch gegen den Kroaten Marin Cilic. Dafür nahm er nun im Viertelfinale mit 2:6, 6:4, 7:6 (7:5), 4:6, 6:4 Revanche. Auch wenn Nishikori durch Verletzungen zurückgeworfen wurde, sieht Djokovic in ihm einen „Top-5-Spieler“.

Wer aus diesem Quartett auch immer am Sonntag die Trophäe gewinnt, hat sie sich redlich verdient und mehr Schweiß als jemals zuvor dafür vergossen. (sid)