Conte soll Courtois und Co. Beine machen

Antonio Conte wurde im Sommer bei Chelsea London freigestellt, bezog aber weiterhin das Salär für seinen (noch) gültigen Kontrakt. | Photo News

Nationalspieler Thibaut Courtois und Co. trauten ihren Augen nicht. Als sich die Stars von Real Madrid am Montag wenige Stunden nach dem demütigenden 1:5 im Clasico bei Erzrivale FC Barcelona zum Training trafen, wurden sie von Julen Lopetegui empfangen. Dabei sollte ihr unglücklicher Trainer da längst von Antonio Conte abgelöst sein.

Lopetegui, berichteten spanische Medien, habe sich noch am Sonntagabend im Camp Nou von der Mannschaft verabschiedet. Der allmächtige Klubpräsident Florentino Perez hatte den Schauplatz des Debakels derart verärgert verlassen, dass er auf den obligatorischen Kabinenbesuch verzichtete – und damit auf ein letztes Arbeitsgespräch mit dem Coach.

Dass dieser tags darauf zum „Abschiedstraining“ (Marca) erschien, änderte nichts daran, dass seine Tage bei Real gezählt sind. Sein Aus und das Engagement Contes sollte am Abend (18 Uhr) beim Direktorentreffen beschlossen werden.

Der frühere italienische Nationalcoach Conte, Meister mit Juventus Turin und dem FC Chelsea, soll den Champions-League-Sieger wieder zurück in die Erfolgsspur bringen. Fünf Niederlagen in den vergangenen sieben Spielen, Platz neun in der Liga hinter Klubs wie Levante, Valladolid oder Getafe, sieben Punkten Rückstand auf Barca – für den stolzen Perez nicht hinnehmbar.

Der Clasico war „die letzte Schaufel Erde“ auf Lopeteguis Grab, schrieb die Sportzeitung AS. „Madrid war ein Desaster“, gab Mittelfeldmann Casemiro zu. „Die Lage ist beschissen“, sagte Kapitän Sergio Ramos: „Wir unterstützen den Trainer bis zum Tod, aber die Entscheidungen werden oben getroffen.“ Isco sagte: „Man müsste uns alle rauswerfen, nicht nur den Trainer.“

Lopetegui war nicht Perez‘ erste Wahl auf die Nachfolge von Erfolgscoach Zinedine Zidane. Mauricio Pochettino, Massimiliano Allegri, Conte, Jürgen Klopp, Julian Nagelsmann – sie alle wurden vergeblich kontaktiert, ehe er Spaniens Nationalmannschaft deren Erfolgscoach entriss. Perez, ätzten Kritiker, habe binnen vier Monaten die Seleccion und Real zerstört.

„Wir sind auch noch Meister geworden, nachdem wir zehn Punkte Rückstand hatten.“

„Es ist nicht nur Julens Schuld“, titelte das Real-Hausblatt Marca am Montag – ein klarer Verweis auf den Präsidenten. Der saß dem Irrglauben auf, auf Tormaschine Cristiano Ronaldo verzichten zu können. Während CR7 für Juventus Turin trifft und trifft, erzielte Real nur vier Tore in den jüngsten sieben Spielen, insgesamt 21 in 14 – acht weniger als in der vergangenen Saison. „Meinem Sohn wurden 50 Tore gestohlen“, klagte Lopeteguis Vater Jose Antonio mit Blick auf den Ronaldo-Verkauf.

Die Wahl des Disziplinfanatikers Conte, der seinen Spielern Pasta und Pizza verbietet, deutet darauf hin, dass Perez der Meinung ist, mit harter Hand ließen sich all die Stars um Thibaut Courtois wieder zu Höchstleistungen treiben. Doch die Mannschaft zweifelt. „Respekt verdient man sich, man kann ihn nicht erzwingen“, sagte Ramos: „Die Art, wie ein Trainer mit der Kabine umgeht, ist wichtiger als sein Fachwissen.“

Auch der Klubheilige Jorge Valdano kritisierte den autoritären Ansatz. Als Alternative schlug er Belgiens spanischen Nationaltrainer Roberto Martinez vor: „Er hätte besser gepasst.“

Am Mittwoch im Hinspiel des Sechzehntelfinales der Copa del Rey bei Drittligist UD Melilla soll noch Santiago Solari, Trainer der Real-Reserve, auf der Bank sitzen. Conte (49) dürfte gegen Valladolid am Samstag debütieren.

Und dann? „Wir sind auch noch Meister geworden, nachdem wir zehn Punkte Rückstand hatten. Wir müssen den Kopf oben behalten“, sagte Ramos: „Madrid gibt niemals auf!“ (sid/calü)