James Harden im Videospielmodus

James Harden stand im rosa-schwarzen Karohemd vor seinem Spind und schüttelte den Kopf. „No“, sagte der Superstar der Houston Rockets, seine sensationelle Statistik bedeute ihm nichts.

Harden, der Mann mit dem Rauschebart, blickte nach seiner 57-Punkte-Gala beim 112:94 gegen die Memphis Grizzlies wenig begeistert drein. Dabei hatte der 29 Jahre alte Ausnahmekönner gerade im 17. NBA-Spiel nacheinander mehr als 30 Punkte erzielt und in dieser Wertung Kobe Bryant (2003) und Kareem Abdul-Jabbar (1972) getoppt. Die 55 Jahre alte Bestmarke des großen Wilt Chamberlain, der in 20 Spielen in Folge mehr als 30 Punkte erzielte, wackelt. Und zwar kräftig.

„Es ist mehr als beeindruckend“, sagte Coach Mike D’Antoni: „Was er macht, hält man manchmal bei ihm für selbstverständlich. Aber nur sehr, sehr wenige sind zu solchen Leistungen fähig.“ Harden betonte unterdessen, dass nur der Sieg wichtig war. Er hat Großes im Sinn und will seine Karriere mit der ersten Meisterschaft krönen, derzeit ist Houston Vierter im Westen.

Keiner der Harden-Gegner war dessen Superkräften gewachsen.

Wie entschlossen Harden ist, belegte der Auftritt gegen Memphis, bei dem Harden eine unglaubliche One-Man-Show hinlegte. Gezwungenermaßen, denn die weiteren Topspieler der Rockets waren außer Gefecht. Center Clint Capella fällt wegen einer Daumenverletzung wochenlang aus. Hardens kongenialer Partner Chris Paul plagt sich weiter mit einer Oberschenkelblessur, auch Eric Gordon fehlt noch mit Knieproblemen.

Also schaltete Harden in den Videospielmodus, und keiner der Gegner war seinen Superkräften gewachsen. 36 Punkte in der ersten Hälfte gelangen vor ihm noch keinem Spieler der Klubgeschichte, die Fans im Toyota Center gerieten in Ekstase und hielten ihre „Fear the Beard“-Plakate in die Höhe.

Und der gefürchtete Bartträger ließ sich auch von einer Doppeldeckung in der zweiten Hälfte nicht stoppen. „Das ist kein Druck. Ich mache das beruflich und habe Spaß daran“, sagte Harden später.

Olympiasieger und Weltmeister ist der gebürtige Kalifornier schon, nun will er sich nach etlichen vergeblichen Anläufen endlich den Traum vom NBA-Meisterring erfüllen. 2012 stand er mit Oklahoma City Thunder im Finale, im vergangenen Jahr scheiterte er mit den Rockets im Halbfinale an den Golden State Warriors. (sid)