Polizist verursacht Unfall mit 1,77 Promille: Freispruch dank Hustensaft

Ein Polizist aus der Provinz Hennegau, der unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verursacht hat, ist freigesprochen worden. Das berichtet die Zeitung „Het Laatste Nieuws“. Nach Angaben seines Anwalts soll der Mann nach dem Unfall noch einen Schluck Hustensaft getrunken haben. „Das wirkte sich auf den Alkoholgehalt aus. Infolgedessen gibt es Zweifel am richtigen Promillewert und Sie müssen meinen Mandanten freisprechen“, argumentierte er vor Gericht.

Mit 1,77 Promille Alkohol im Blut riskierte der Polizist eine Geldstrafe in Höhe von 16.000 Euro und ein fünfjähriges Fahrverbot. Der Mann hatte den Abend des 4. Mai 2017 in einem Restaurant in Brüssel verbracht. Nach eigener Aussage trank er einen Gin als Aperitif und bestellte nach dem Abendessen zwei Bier, davon ein Starkbier. Gegen 1.30 Uhr will er sein letztes Glas ausgetrunken haben. Etwa vier Stunden später kam er auf dem Heimweg von der Straße ab.

Den Unfallhergang schilderte der Polizist folgendermaßen: „Ich fuhr etwa 50 Kilometer pro Stunde. Ich überholte ein Fahrzeug und verlangsamte anschließend wieder, als ich mich einem Kreisverkehr näherte. Zu meiner Überraschung sah ich plötzlich, dass der andere Fahrer gleichzeitig mit mir in den Kreisverkehr fuhr. Um einen Unfall zu vermeiden, riss ich mein Lenkrad nach links und berührte die Betonbegrenzungen des Kreisverkehrs.“ Dabei wurde das Fahrzeug so sehr beschädigt, dass eine Weiterfahrt nicht möglich war. Der andere Autofahrer habe seine Fahrt unbehelligt fortgesetzt.

Als die Polizei fünfzig Minuten später am Unfallort eintraf, ergab ein Test einen Alkoholgehalt von 1,77 Promille im Blut des Unfallfahrers. Zwei Wochen lang musste er seinen Führerschein daraufhin abgeben. Seine Anwälte forderten vor dem Gericht von Mons einen Freispruch für ihren Mandanten.

„Mein Mandant musste auf ärztliche Verordnung einen Hustensaft einnehmen, den der Apotheker selbst zubereitet hat“, so der Anwalt vor Gericht. „Der Hustensaft enthält fünf Gramm Alkohol.  Mein Kunde trank fünf Minuten bevor die Polizei kam von dem Sirup. Dies muss den Alkoholgehalt beeinflusst haben. Infolgedessen ist der festgestellte Wert in seinem Blut falsch und er muss freigesprochen werden.“

Der Polizeirichter folgte der Argumentation des Anwalts und sprach den Polizisten frei: „Da der Fahrer nachweisen kann, dass er Medikamente einnehmen musste, die den Alkoholgehalt beeinflusst haben könnten, gibt es Zweifel an der Richtigkeit dieses Wertes.“

Die Staatsanwaltschaft legte gegen dieses Urteil Berufung ein.

Der Toxikologe Jan Tytgat (KU Leuven) hat erhebliche Zweifel an den Ausführungen des Polizisten: „Wissenschaftlich macht diese Geschichte keinen Sinn. Der Mann muss viel mehr als drei Gläser Alkohol getrunken haben. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer“, so Tytgat. „Ein Glas Bier oder Wein enthält in der Regel zehn Gramm Alkohol. Bei einem durchschnittlichen Erwachsenen ergibt dies einen Höchstwert von etwa 0,2 Promille eine Stunde nach der Einnahme. Wenn jemand 1,77 Promille Alkohol im Blut hat, kann man sagen, dass er mindestens acht Gläser Alkohol getrunken hat. Wenn man bedenkt, dass der Körper im Laufe der Stunden auch wieder Alkohol abbaut, dürfte dieser Mann sicher mehr als acht Gläser Alkohol getrunken haben.“

Auch die Einnahme von Hustensaft dürfte seiner Einschätzung nach keinen nennenswerten Einfluss auf den Alkoholtest gehabt haben dürfen: „Wenn eine komplette Flasche fünf Gramm Alkohol enthält, dann ist das mit einem halben Glas Bier oder Wein zu vergleichen. Das bedeutet, dass der Hustensaft nur 0,1 Promille ausmacht – vorausgesetzt, man trinkt den Inhalt einer ganzen Flasche. Das halte ich für unrealistisch.“