Von der Friseurin zur Modeunternehmerin



NAD – kurz und knackig. „In Anlehnung an meinen Namen. Das kann man sich leicht merken“, findet Nadia Radermacher. Die 29-Jährige trägt Jeans und Sneaker, dazu eine hellblaue Oversize-Strickjacke und ein Shirt, auf das ein Eis gestickt ist. Abgesehen von den Schuhen alles Teile aus der neuen Kollektion, die heute fotografiert wird. Es ist bereits die zweite Kollektion, seit der Shop am 18. März online ging. Das ist das Konzept: Öfter mal was Neues.

Nadia ist hochkonzentriert: „Haare bitte nach hinten und Hand halb vors Gesicht. Etwa so.“ Sie macht es vor, Model Laura Cormann wirft sich in Pose. Die 21-Jährige ist das Gesicht von NAD. Sie trägt ein zartes Top mit Spitzenbesatz und tiefem Rückenausschnitt. Nadia zupft es zurecht und drapiert eine Haarsträhne. Fotograf David Hagemann gibt letzte Anweisungen: „Rechte Schulter etwas runter, Kinn nach oben. Bitte so bleiben.“ Windmaschine, Stufe drei. Klick. Nadia prüft das Ergebnis am Bildschirm. Sie ist zufrieden, das Bild im Kasten.

Es folgen die Rückenansicht und weitere Details vom Oberteil. „Wer online shoppt, muss sich auf die Bilder verlassen. Deswegen müssen wir aus verschiedenen Perspektiven fotografieren. Bei der ersten Kollektion hatten wir zu wenig Ansichten und Details. Das wollen wir diesmal besser machen“, erzählt Nadia. Die 29-Jährige ist eine Perfektionistin. Nichts möchte sie dem Zufall überlassen, deswegen hat sie sich bereits im Vorfeld Gedanken über die Posen des Models gemacht. Inspiration suchte sie bei anderen Onlineshops. Jedes Teil soll anders präsentiert werden. Das bringt Abwechslung in die Bilder. „Sie ist super vorbereitet, weiß genau, was sie will. Das erleichtert die Arbeit“, lobt der Fotograf.

Umziehen, nächstes Teil. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, lacht Nadia und wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn. Blusen und Strick, Hosen und Jacken, ganz viel Spitze und Blumenprint: Die neue Kollektion umfasst 30 Teile und die sollen allesamt heute noch abgelichtet werden.

Wir sehen es als ein gemeinsames Projekt. Ich bin zwar die Geschäftsführerin, aber jeder bringt seine Ideen und seine  Kompetenzen ein.

Nadia Radermacher

Nadia ist eigentlich gelernte Friseurin. Weil sie die Produkte auf der Haut nicht vertrug, musste sie den Job aufgeben. Lange Zeit hat sie dann in einem Modegeschäft gearbeitet – bis der Laden schließen musste. Seitdem arbeitet sie halbtags in einem Eupener Kindergeschäft.

Etwas Eigenes war schon seit ein paar Jahren ihre Idee. Mode, in der man sich wohlfühlt, sollte es sein: cool aber stilvoll und qualitativ hochwertig. Gut geschnitten, modern und nicht zu teuer, damit auch eine Studentin sich die Teile leisten kann. „Ich habe lange gezögert. Irgendwann habe ich mich einfach getraut“, erzählt sie und lächelt zufrieden. Aber mit Mut alleine baut man keinen Onlineshop auf. Nadia hatte auch ein bisschen Glück, denn die Voraussetzung haben einfach gestimmt: Nadias Freund, Marvin Müller, ist Teilhaber der jungen Eupener Werbeagentur Cloth Kreativbureau. Das Team aus Grafik- und Webdesignern, Werbefachleuten, Social-Media-Experten, einem Fotografen und den drei Auszubildenden Laura Cormann, Grégory Schommers und Rachel Dodémont stärkt der 29-Jährigen den Rücken. Jeder hat einen Teil zu NAD beigetragen. „Wir sehen es als ein gemeinsames Projekt. Ich bin zwar die Geschäftsführerin, aber jeder bringt seine Ideen und seine  Kompetenzen ein.“ So ist ein Gesamtkonzept entstanden, das bis ins kleinste Detail durchdacht ist. Vom Etikett bis zur Tüte ist alles auf das NAD-Design abgestimmt.

Ihren Halbtagsjob möchte Nadia behalten. Nach Feierabend und an den freien Tagen widmet sie sich ihrem eigenen Geschäft. Oft zeichnet sie bis tief in die Nacht Ware aus, pflegt den Onlineshop und sieht sich nach hübschen Kleidungsstücken für die nächste Kollektion um. Nur ausgewählte Teile von ausgewählten Großhändlern aus Paris, Düsseldorf und Brüssel schaffen es in die NAD-Kollektion. Alles Lieblingsstücke, die die 29-Jährige auch privat trägt, und die gut miteinander kombinierbar sind. Und weil die Region klein ist, und Nadia das weiß, bestellt sie auch in kleinen Mengen. „Damit nicht jeder mit dem gleichen Teil herumläuft.“ Außerdem gilt: Was schwer zu kriegen ist, das ist besonders begehrenswert. Die verspielte Bluse mit den kleinen Teekannen, Kakteen, Brillen und Zitronen war gleich ausverkauft. In der neuen Kollektion gibt es deshalb ein ähnliches Teil.

Beim Online-Verkauf alleine soll es aber nicht bleiben. Nadia denkt dabei an einen Pop-Up-Store, also ein temporäres Geschäft, in den Räumen des Kreativbureaus. Schließlich gehören auch zwei Eventmanager zum Team.