„Danke, Alfred!“



Erster Akt des emotionalen Abschieds von Alfred Küchenberg:

Die Familie Küchenberg, die Vertreter der Rossel-Gruppe, Familie Thommessen und Grenz-Echo-Direktor Olivier Verdin kommen gemeinsam in der Geschäftsstelle an. Die Belegschaft hat sich hinter der Begrüßungstheke aufgestellt, die Hauptdarsteller davor. Nach einleitenden Worten des Geschäftsführenden Direktors Olivier Verdin ergreift ein sichtlich gerührter Alfred Küchenberg als Erster das Wort. „Es ist für mich und meine Familie ein großer Moment“, beginnt er seine Abschiedsrede. „Ich bin der Meinung, dass ich mit 72 Jahren das Meine gemacht habe. Die Zeit ist abgelaufen für einen Job dieser Art.“ Die ostbelgische Verankerung sei durch die Familie Thommessen (die 25 Prozent der Aktien des GrenzEcho hält, A.d.R.) garantiert. „Ich bin mir sicher, dass die Rossel-Gruppe ein gutes Verständnis hat für Ostbelgien. Sie hat die Erfahrung, wie man die Eigenart einer Zeitung im Respekt der Gegend, wo sie ist, gewährleisten kann.“ Die Familie Küchenberg gehe nun einen anderen Schritt und habe andere Pläne. So sei es eben im Leben. Seinen Nachfolgern wollte er drei wichtige Dinge mit auf den Weg geben. „Wir sind eine große Familie, wo das Angehörigkeitsgefühl groß ist. Das ist nicht immer typisch für Unternehmen“, erklärte Alfred Küchenberg, ohne dabei die Schließung der Druckerei zu bedauern. „Der zweite Punkt: Wir führen fast nie Grabenkämpfe oder politische, interne Kämpfe zwischen den verschiedenen Leuten. Der dritte Punkt: Im Hause herrscht ein gegenseitiger Respekt zwischen allen. Das möchte ich hier hervorheben und dafür möchte ich mich bei euch allen ganz herzlich bedanken. Für die vielen Jahre, die wir zusammen verbracht haben.“

Gentlemanlike nutzt Alfred Küchenberg die Gelegenheit, eine Weggefährtin zu ehren, deren Ruhestand bevorsteht: Personalchefin Erika Signon. „Erika hat eine unerschütterliche Treue gezeigt und Verschwiegenheit. Das musste sie als Personalchefin. Dafür möchte ich mich besonders bedanken.“ Erika Signon erhielt großen Applaus und einen Strauß Blumen. Dann kam der Moment für Alfred Küchenberg, sich von seiner Mannschaft, von der er viele selbst eingestellt hat, zu verabschieden: „Herzlichen Dank an alle. Wenn man mich braucht, stehe ich zur Verfügung. Aber nicht zum Arbeiten… Herzlichen, herzlichen Dank an alle.“

Zweiter Akt: Bernard Marchant, CEO der Rossel-Gruppe, Käufer der Küchenberg-Aktien. Der Brüsseler Manager hebt den „besonderen Tag für Alfred Küchenberg“ hervor. „Er hat einen großen Teil der Energie seines Lebens in das Unternehmen investiert. Mit Leidenschaft.“ Beruhigend unterstreicht er, dass das GrenzEcho genauso wichtig sei, wie die anderen Presseorgane in Händen der Rossel-Gruppe (80 an der Zahl, A.d.R.). Er teilt mit, dass es konkrete Projekte zur Revitalisierung des Arbeitsumfeldes der Belegschaft gibt und in dem Gebäude der Geschäftsstelle am Eupener Marktplatz eine Brasserie – ganz nach dem Modell des Rossel-Gebäudes in Brüssel – entstehen soll. „Wir wollen auf dieser Fläche einen Lebensraum schaffen.“ Die eingeleitete Veränderung müsse beschleunigt werden. Es gebe keine Zeit zu verlieren. „Seien Sie darauf vorbereitet, dass sich Dinge ändern werden.“ Zur Umsetzung der Veränderungen präsentierte Marchant Jean-Pierre Miranda (industrieller Direktor der Rossel-Gruppe) als neues Verwaltungsratsmitglied des GrenzEcho. Er stellt nun das Bindeglied zwischen Brüssel und Eupen dar.

Dritter Akt: Ernst Thommessen, der neue alleinige Herausgeber, stellt sich vor. „Ich bedanke mich bei Alfred für die vielen Jahre, die er sehr gut für das GrenzEcho gearbeitet hat. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Angenehme.“ Er versichert der Belegschaft, dass auch der neue Verwaltungsrat wichtige Entscheidung nur mit einer Mehrheit von 80 Prozent beschließen könne. Mit anderen Worten: Ein Alleingang der Rossel-Gruppe, die 75 Prozent der Anteile hält, sei unmöglich. „Ich wünsche dem GrenzEcho, dass wir in zehn Jahren noch mal hier stehen, um das 100-Jährige feiern zu können. Das wäre eine gute Sache. Ich wünsche euch allen persönlich alles Gute.“

Akt vier: Verwaltungsratsmitglied Adrian Küchenberg ist an der Reihe, seine Brüder stehen im Publikum. Neben seinem Vater positioniert, hält er einen Rückblick aus der Perspektive der Familie Küchenberg: „Ich war neun Jahre alt, als das GrenzEcho plötzlich in unser Familienleben Einzug hielt. Jeden Tag haben wir die Zeitung gemeinsam gelesen.“ Er könne sich noch sehr gut an den Tag erinnern, als das GrenzEcho zum ersten Mal in seiner Geschichte morgens ausgeliefert wurde. „Unser Vater kam hüpfend vor Begeisterung, mit der Zeitung an den Frühstückstisch und sagte: Guckt mal hier. Das ist jetzt jeden Tag so.“ Die Begeisterung, „die du immer gehabt hast für das Produkt und das Team dahinter“, würden er und seine Brüder immer in Erinnerung behalten. Sein Vater habe stets ein sehr positives Bild von der großen Grenz-Echo-Familie vermittelt. Anschließend dankt Adrian Küchenberg dem ganzen Team und ist „total überzeugt davon, dass ihr auf dem richtigen Weg seid“. Einen Spruch aus den 90er Jahren nutzt er zu seinem persönlichen Abschied: „Man liest sich“.

Letzter Akt: Fotograf Helmut Thönnissen hat die Ehre, den letzten großen Auftritt von Alfred Küchenberg in seinem Haus abzuschließen. „Hallo Alfred“, startet Helmut Thönnissen in lockerer Form, wie man ihn kennt. „Dass ich dich verabschieden darf, darauf bin ich besonders stolz.“ Thönnissen ist mit 75 Jahren der dienstälteste Mitarbeiter im Hause. „Wir sind in der Unterstadt groß geworden, aber trotzdem klein geblieben“, sorgt er immer wieder für Gelächter.

„Du hast eine wunderbare Karriere gemacht, dank deines fortschrittlichen, umsichtigen und sozialen Bewusstseins. Du warst immer für jeden zur Stelle. Du warst nicht nur Chef, du warst auch Kumpel.“ Derjenige, der etwas Negatives über ihn sage, „der bekommt es garantiert mit mir zu tun“. Der Fotograf bleibt gewohnt locker, zeigt sich aber gerührt. „Wir werden dich nie vergessen. (…) Ich verneige mich vor dir und sage: Danke, Alfred.“