Denkmal in Herbesthal erinnert an jüdische Flüchtlingskinder


Tränen flossen Anfang Januar 1939 am Bahnhof Herbesthal. Für 70 jüdische Kinder war der Grenzbahnhof Endstation, und sie mussten wieder zurück in Hitlers Reich. Dabei war das Belgien der Zwischenkriegszeit eines der liberalsten Flüchtlingsländer Europas. „Wer auf Köpfchen erwischt wurde, wurde zurückgeschickt, wer es aber weiter schaffte, konnte sich völlig frei bewegen“, sagt Dr. Herbert Ruland. Und das hieß ordentlich beim Amt anmelden und einer Arbeit nachgehen wie jeder Bürger. In den Niederlanden kamen die Juden ins Auffanglager Westerbork, das dann nach der deutschen Invasion 1940 Durchgangslager in die Vernichtungslager des Ostens wurde. In Belgien überlebten nach 1940 von rund 50.000 untergetauchten Juden 27.000 die Besetzung.

Die Rückkehr der 70 Kinder sorgte für Protest, zumal Justizminister Joseph Pholien bereits Ende 1938 nach der Reichspogromnacht 250 unbegleiteten Kindern gestattet hatte, ins Land zu kommen. Mitte Januar 1939 durften weitere 750 Kinder unter 14 Jahren nach Belgien.

An die Ankunft der Kinder erinnert ein Denkmal, das am 73. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, dem internationalen Holocaustgedenktag am kommenden Sonntag enthüllt wird. Der schwäbische Künstler Sebastian Schmidt hat versucht, sich in die Emotionen der Kinder hineinzuversetzen und diesen Gefühlen künstlerisch Ausdruck zu verleihen. Es ist der Verlust der Heimat, die Angst vor der Zukunft, der Mut zur Flucht und die Erleichterung über die Freiheit, die die drei Kinder ausdrücken sollen. Der Platz, auf dem das Denkmal steht, ist sorgsam ausgewählt. Direkt dahinter stehen zwei alte Güterwaggons, die von der Geschichte des Bahnhofs zeugten. In diesen Waggons fuhren deutsche Soldaten in den Ersten Weltkrieg, diese Waggons brachten 30 Jahre später Juden in die Vernichtungslager der Nazis. Der Bahnhof Herbesthal ist eben ein Komulationspunkt historischer Ereignisse. Das Denkmal steht in einer Reihe mit anderen Gedenkorten in Danzig, London, Berlin und Hoek van Holland, die an jüdische Flüchtlinge erinnern.

Mit den Kindertransporten nach Belgien haben sich auch Schüler auseinandergesetzt. Das fünfte und sechste Schuljahr der Gemeindeschule Herbesthal hat unter Federführung der Lehrerin Jeanine Malmendier eine kleine Reportage gemacht und dabei das Schicksal des Flüchtlingskindes Henri Roanne in den Fokus genommen. Auch die Schüler des fünften Jahres des Robert-Schuman-Instituts aus Eupen haben sich unter Leitung von Herbert Ruland mit dem Thema auseinandergesetzt. Auch sie haben den Zeitzeugen Henri Roanne getroffen und das Erfahrene in Bilder und Kurzfilme umgesetzt. Zeitzeugen werden auch bei der Denkmalseröffnung am Sonntag anwesend sein. Erwartet wird der belgische Nobelpreisträger für Physik aus dem Jahre 2013, François Englert. Die Gemeinde Lontzen und die Organisatoren laden die Bevölkerung ein, dabei zu sein und sich die Projekte der Schüler anzuschauen.

Sonntag, 27. Januar, 14 Uhr am Bahnhof: Ansprachen, Denkmalsenthüllung, Erläuterung des Künstlers, 15 Uhr im Vereinshaus: Vorstellung Schülerprojekte, Eröffnung der Ausstellung, Empfang.