„Der Goldene Handschuh“: Fatih Akins neuer Film

<p>Jonas Dassler als Fritz Honka in einer Szene des Kinofilms „Der goldene Handschuh“.</p>
Jonas Dassler als Fritz Honka in einer Szene des Kinofilms „Der goldene Handschuh“. | Gordon Timpen/2018 bombero/Berlinale/dpa

Das mit dem Kopfabsägen ist eine schwierige Sache. Zu Beginn von Fatih Akins neuem Film „Der Goldene Handschuh“ weiß Fritz Honka nicht so recht, was er mit der Frauenleiche machen soll. Honka – eine Gestalt mit gebücktem Gang und schiefen Zähnen – nimmt die Säge. Setzt an, bricht ab, trinkt Schnaps, raucht eine. Dann legt er Schlager auf: „Es geht eine Träne auf Reisen…“

Regisseur Fatih Akin erzählt nach „Tschick“ und „Aus dem Nichts“ nun die Geschichte eines Serienmörders. Und zwar nach der Romanvorlage von Heinz Strunk. Honka, das war der Mann, der in den 1970er Jahren in Hamburg mehrere Frauen umgebracht und zerstückelt hat. Die Leichenteile versteckte er in seiner Dachgeschosswohnung. „Wie kaputt musst du sein, Leichen zu zersägen und sie bei dir zu Hause in der Wohnung zu bunkern? Wenn ich mir vorstelle, dass es das wirklich gegeben hat, dass das wirklich jemand gemacht hat – der Gedanke kann mir schon Angst machen“, sagte Akin während der Berlinale nun der Deutschen Presse-Agentur. „Der Goldene Handschuh“ schaut auf ein paar verlorene Gestalten in der gleichnamigen Spelunke. Schauspieler Jonas Dassler verwandelt sich nach drei Stunden in der Maske in das Monster Honka – mit viel Make-up und einer künstlichen Linse, die ihn schielen lässt. Neben Dassler geben auch Schauspielerinnen wie Margarete Tiesel und Martina Eitner-Acheampong dem Film eine schmerzhafte Körperlichkeit. Sie spielen Frauen, die ganz unten sind. Alkoholikerinnen und frühere Prostituierte. Vieles ist wie eine Groteske inszeniert (Honka hängt gegen den Leichengeruch grüne Duftbäumchen auf), es wird gekotzt, gewürgt, geschlachtet, gestorben. Meist geschieht das eher erwartbar, nicht überraschend wie in einem Horrorschocker.

Aber was Honka den Frauen antut, ist trotzdem schwer auszuhalten. Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie harte Sachen zeigten, räumt Produzentin Nurhan Sekerci-Porst ein. Deswegen hätten sie für das Team Psychologinnen am Set gehabt, etwa wegen der Vergewaltigungsszenen. Wie sich das für die Schauspielerinnen angefühlt habe? Sie habe sich beim Dreh nicht ausgeliefert gefühlt, versichert Tiesel. „Die Wahrheit wird einfach erzählt.“ Er habe Gewalt nicht zelebrieren, aber verstörend zeigen wollen, sagt Akin. Sie hätten auch im Team darüber gesprochen, wie man das darstelle. „Der Film ist vielleicht nicht jedermanns Sache“, resümiert der Regisseur. „Und das ist auch okay.“

Er ist selbst Hamburger. Der 45-Jährige kennt St. Pauli und die klebrigen Tresen der Kiezkneipen. Einige seiner Filme spielen hier. Auch Teile des Dramas „Gegen die Wand“ mit Sibel Kekilli. Mit dem Film hat Akin vor 15 Jahren den Goldenen Bären gewonnen. Auch „Der Goldene Handschuh“ läuft im Wettbewerb. Kritiken nach der Premiere am Samstagabend fielen verhalten aus. „Spiegel Online“ spricht von einem „Splatter-Kammerspiel“: Nach dem Verlassen des Kinos „möchte man sehr heiß duschen und dann intensiv mit Mundwasser gurgeln“. Ekel löse der Film aus – „viel mehr leider nicht“. Tatsächlich ist in Honkas Wohnung alles so siffig, dass man lieber nichts anfassen wollte: alte Kippen, Kornflaschen, Nacktbilder.

Der „rbb“ spricht vom „ersten großen Ärgernis des Festivals“: Die Welt, die Akin auf die Leinwand bringe, sei eine abstruse Groteske und der Film würdelos. Eine Kritikerin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärte, sie finde den Frauenhass im Film „schmerzhaft“, „hoch problematisch“ und „auch kontextlos“. Akin sagt, er habe allen Figuren eine Würde geben wollen. Dem Mörder, aber auch den Frauen. Bei ihnen wolle er den Überlebenswillen zeigen. Sein Film kann mit der Retroästhetik und skurrilen Figuren unterhalten. Wirklich neu sind die nicht. Dass der Film erst ab 18 Jahren zugelassen ist, findet Akin nach eigenen Angaben gar nicht schlecht. „Ich konnte bei meinem Sohn bisschen angeben und so.“ (dpa)

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