Ardennenoffensive in Bastogne hautnah erleben

Der Zuschauer kann die Schlacht um Bastogne hautnah erleben. | BWM

In wenigen Tagen jährt sich zum 100. Male das Ende des Ersten Weltkriegs. Nicht wenige Historiker neigen mittlerweile dazu, nicht nur den Zweiten Weltkrieg, sondern sogar das Ende der Sowjetunion als Spätfolge und Abschluss dieses epochalen Ereignisses zu sehen. Auch im Bastogne War Museum argumentiert man ähnlich. Deshalb will man dort 2019 einige Events präsentieren, die diese 75 Jahre aufarbeiten.

Mindestens so entscheidend für das Scheitern der Ardennen- offensive waren St.Vith und die Domäne.

Ganz im Sinne dieser breiteren Sichtweise auf die Geschichte, die unsere Heimat gleich zweimal in den Mittelpunkt des Geschehens rückte, will Mathieu Billa vom Kriegsmuseum Bastogne auch den ostbelgischen Aspekten der Ardennenschlacht mehr Raum geben. Die „Battle of the bulge“, wie die Amerikaner die grausame Schlacht in Eifel und Ardennen wegen der Beule, die Hitlers Truppen in die amerikanischen Linien trieben, bezeichnen, wurde nämlich mindestens genauso am Elsenborner Höhenkamm, der Bütgenbacher Domäne, in St.Vith oder in Stoumont-La Gleize wie in Bastogne entschieden. Überall dort leisteten amerikanische Soldaten so viel Widerstand, dass Wehrmacht und Waffen-SS nicht in zwei-drei Tagen, wie beabsichtigt, in Antwerpen standen, sondern nicht einmal die Maas erreichten.

Warum wurde dann aber Bastogne zum Symbol dieser erbitterten Schlacht, die insgesamt rund 40.000 Menschen das Leben kostete, darunter auch zahlreiche ostbelgische Zivilopfer, insbesondere in St.Vith? Wie es der Journalist von „Vers l‘Avenir, Jean-Marie Doucet, eindrucksvoll in seinem Buch „Bastogne la légende“ beschreibt, entstand die Legende „Bastogne“ schon wenige Tage nach Beginn der Ardennenoffensive. Im Mittelpunkt standen die Fallschirmjäger der 101. Luftlandedivision und ihr Befehlshaber Antony McAuliff. Heute kennt man ihn als Nuts McAuliff in den USA. Als die Deutschen ihn zur Kapitulation aufforderten, antwortete er mit „Nuts“. Was so viel heisst wie „Geh zur Hölle“.

Verantwortlich für den Mythos Bastogne sind Journalisten wie Fred MacKensie oder der Fotograf Robert Capa. Sie fungierten als Kriegsberichterstatter in und nahe Bastogne. Fred MacKensie war als einziger in dem Kessel eingeschlossen, den die deutschen Truppen um Bastogne schlossen, nachdem sie die Stadt nicht erobern konnten.

Doch dann kam das klare Wetter. Und die Verstärkung: General Patton, der sofort erkannt hatte, dass dieser Vorstoß kein Ablenkungsmanöver war, rückte nach Bastogne vor. Und im Tross von Patton kamen die Kriegsreporter, die eigentlich geplant hatten, Neujahr in Paris zu feiern. Sie hießen Edward Ball, James Cassidy, Walter Cronkite oder Ernest Hemingway. Sie waren es, die die Legende der Helden von Bastogne schufen. Die nicht aufgaben, selbst als es unmöglich schien, dem deutschen Druck zu widerstehen.

Später griff das Kino das Thema auf, US-Präsidenten bezogen sich auf Bastogne, selbst Robert Kennedy bei seiner berühmten Berlin-Rede.

Das Museum in Bastogne zeichnet die Ereignisse von Bastogne eindrucksvoll nach, indem es sie in den weiteren Rahmen des aufkommenden Faschismus und den Beginn des Krieges stellt, als Hitler eine Triumphfahrt im offenen Mercedes durch Bastogne machte. Vielleicht trug dieser Umstand genauso zu der Legenbildung bei wie die Erschießung von amerikanischen Soldaten in Baugnez oder die Einkesselung und Gefangennahme von über 8.000 jungen Soldaten der 106. Infanteriedivision „Lion Head“ in Lindscheid oberhalb Schönberg. Diese gilt als die größte Niederlage der US-Truppen in Europa im Zweiten Weltkrieg.

Es gibt 3D-Filme und zwei Erlebnisräume im Untergeschoss des Museums, das 2014 eröffnet wurde. Dort geht es um die Ardennenoffensive an sich. Der Besucher wird Teil des Geschehens. Selbst die Kälte der Dezembertage von 1944 wird nachgestellt.

Am 27. November bietet das GrenzEcho Lesern die Möglichkeit, dieses für Ostbelgien so markierende Geschehen in beeindruckenden Exponaten und im Bewegtbild nachzuerleben.