Kommentar: Entlassung Kovacs ist keine Lösung

Dass Kovac kämpfen muss, hat selbstverständlich auch mit ihm zu tun. | afp

Eins muss sich der VfB Stuttgart nicht vorwerfen lassen: dass er zu lange wartet. Gescheitert im DFB-Pokal, danach nur ein Sieg in sieben Bundesliga-Spielen – und schon ist Tayfun Korkut der bereits 13. Trainer in den vergangenen zehn Jahren, der bei den Schwaben vorzeitig seine Arbeit beenden muss.

Die Verantwortlichen um Sportvorstand Michael Reschke haben nicht panisch reagiert. Sie haben nur festgestellt, dass die mit 35 Millionen Euro scheinbar gut verstärkte Mannschaft seit dem Beginn der Saison nicht funktioniert hat. Nicht unter dem Trainer, dem sie anvertraut wurde. Die Trennung von Korkut muss der VfB nicht groß erklären, zu offensichtlich war, dass der Trainer kein Konzept für und mit den ihm zur Verfügung stehenden Spielern entwickeln konnte. Er hat den VfB vor dem Abstieg gerettet, zu mehr war er allem Anschein nach nicht fähig.

Zur gleichen Zeit überlegen sie in München fieberhaft, wie sie möglichst schnell aus dem Schlamassel wieder herauskommen, den sie sich da selbst eingebrockt haben. Vier Pflichtspiele kein Sieg, zwei Niederlagen hintereinander in der Bundesliga – Niko Kovac muss um seinen Arbeitsplatz kämpfen, keine Frage.

Dass Kovac kämpfen muss, hat selbstverständlich auch mit ihm zu tun: Er sei nicht ratlos, sagt er angesichts der vor allem gegen Gladbach miserablen Leistung, vielmehr wisse er, wo die Probleme liegen. Nur: Wenn er für die bekannten Probleme keine Lösungen bereithalten kann, spricht das nicht für ihn.

Andererseits: Kovac muss nun ausbaden, was ihm andere beim FC Bayern eingebrockt haben – namentlich Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Hasan Salihamidzic. Sie sind verantwortlich für die Zusammensetzung eines Kaders, der längst anständig hätte überholt werden müssen.

Der Kern der Mannschaft der Bayern ist überaltert, aber zumindest ausgelaugt. Robben und Ribery kommen kaum noch an ihren Leuten vorbei, Müller ist nur ein Schatten vergangener Tage, Lewandowski nahezu unsichtbar, Martinez unzuverlässig, ebenso Boateng oder Hummels. Zugleich sind die älteren Spieler nach wie vor diejenigen, die großen Einfluss haben. Das ist nicht gut fürs Binnenklima. Die Spieler der Zukunft, die Gesichter des Umbruchs wie Goretzka, Gnabry, Tolisso, Coman oder Süle sind entweder verletzt oder längst nicht in der Lage, den Rekordmeister zu tragen.

Beim FC Bayern droht sich nun zu rächen, dass er spätestens seit den Abschieden von Matthias Sammer, Pep Guardiola (beide 2016) und zuletzt Michael Reschke (2017) einschneidende, aber auch zukunftsweisende Entscheidungen aufschiebt oder falsche trifft. Ein Grund dafür ist der machtversessene Uli Hoeneß. Im Falle des FC Bayern wäre es mit einer Entlassung von Niko Kovac jedenfalls nicht getan. (sid)