Ein Pflaster aufs Holzbein wird die Erderwärmung nicht stoppen

<p>Jef Colruyt eröffnet in Belgien Europas erste vollintegrierte Tankstelle. Die Welt braucht mehr innovativ denkende Menschen.</p>
Jef Colruyt eröffnet in Belgien Europas erste vollintegrierte Tankstelle. Die Welt braucht mehr innovativ denkende Menschen. | Photo News

Deshalb kann man nur begrüßen, dass die Anführer von „Youth4Climate“ jetzt sozusagen die nächste Stufe zünden: Sie gehen auf Politik und Wissenschaft zu. Jean-Pascal van Ypersele ist sicher ein prominenter Ansprechpartner. Der flämische Klimatologe gehört dem einflussreichen IPCC an und war als Vizepräsident mitverantwortlich für den vierten Klimabericht der UN. Der wurde zwar in einigen seiner Schlussfolgerungen kritisiert, er zeigt aber auf, dass die Klimaveränderungen, insgesamt betrachtet, dramatisch sind.

Leider muss man im Nachhinein feststellen, dass, ähnlich wie bei der Finanzkrise im Jahr 2008, auch wenig Konkretes nach dem 2007 veröffentlichen Klimabericht geschah. Dabei hatten beide Ereignisse das Potenzial, die Menschheit wachzurütteln. Nach der Finanzkrise wurde noch mehr billiges Geld in die Kapitalmärkte gepumpt: Dabei war genau dies der Hauptauslöser der Krise. Beim Klimaschutz wurden zwar positive Maßnahmen ergriffen, deren Effekt wurde aber durch andere wieder zunichtegemacht. Ein prominentes Beispiel ist sicher der Atomausstieg in unserem Nachbarland Deutschland, wo Atomstrom durch CO2-intensive (Braun)Kohleenergie ersetzt wurde. Heute plant man den Kohleausstieg. Der Atomausstieg hat schon Milliarden verschlungen, der Kohleausstieg wird erneut Milliarden verschlingen. Und die angepriesenen Lösungen sind auch wieder nur Zwischenlösungen: eine Katastrophe in Raten. Genau die droht auch Belgien. Hier ist der Atomausstieg für 2025 beschlossen. Wie man den Wegfall der Energieproduktion auffangen will – bislang ein Rätsel.

Die Jugendlichen von „Youth4Climate“ interpellieren die vier zuständigen belgischen „Energieminister“. Das ist lobenswert, aber sie müssten zumindest auch die Außenminister und den Regierungschef ansprechen.

Bis 2050 wird sich der Energiebedarf weltweit verdoppeln. Und zwar nicht primär in Europa. Wenn also nicht Maßnahmen weltweit ergriffen werden, wird sich am globalen Bild steigender Temperaturen wenig ändern. Die Jugendlichen haben das offensichtlich begriffen und tragen ihren Protest über die Grenze.

Die gleiche Weitsicht hätte man unseren Politikern gewünscht, die es nicht geschafft haben, eine zukunftsweisende europäische Energiepolitik, geschweige denn EU-Klimapolitik zu entwickeln. Jeder kocht weiter sein CO2-Süppchen: nach Landesrezept.

Wir brauchen keine Pflaster auf Holzbeine, wir brauchen radikale, innovative Lösungen. Und die gibts. Von CO2-Abscheidung bis zu Wasserstoff zur Speicherung und zur Integration der Strom- und Gasnetze. Das nötige Geld ist auch da: Die Milliarden, die zur Rettung der Banken und der Weltwährungen geschaffen wurden, sollen jetzt aus dem Markt abgezogen werden. Was spricht dagegen, sie für die nicht minder wichtige Aufgabe des Umbaus unserer Energieversorgung herzunehmen?

Denn es kann nicht sein, dass am Ende der „kleine Mann“ die Zeche jahrzehntelanger energiepolitischer Irrungen und Wirrungen an der Zapfsäule oder über die Stromrechnung zahlt. Die Gelbwesten lassen grüßen.

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