Egomane Trump nimmt Weltfrieden als Geisel

Ohne Rücksicht auf Verluste: Trump brüskiert auf seinem Egotrip die klassischen Partner der USA. | afp



Die Tugendwächter sind die sechs anderen, die G7-Ruinebewohner, die Leidensfähigen. So viel Wohlwollen gegenüber dem Unhold und so viel Leidensfähigkeit wie die deutsche Kanzlerin bringt nicht einmal die bedauernswerte Melania auf. Er kommt mehrfach zu spät und lässt die Kollegen am Ende alleine sitzen. Wahrscheinlich meint Trump, er müsse die Welt vor Nordkorea retten. Dabei geht die Gefahr für den Weltfrieden nicht von Diktator Kim Jong-Un aus, sondern von dem, der die Grundfesten der derzeitigen Weltordnung wiederholt erschüttert.

Wer einen G7-Gipfel mit einem Tweet aus der Tiefe der Nacht in einen G6-Gipfel umwandelt, dem ist auch zuzutrauen, in einer seiner Launen den roten Knopf mit seinem Handy zu verwechseln und einen Atomschlag auszulösen. Ein Scheitern des Termins mit Kim am Dienstag hat das Potenzial für solch eine fatale, wenn dann, bewusste Verwechslung.

Doch zurück nach Brüssel, Paris und Berlin, wo heute wahrscheinlich einige Europäer mit einem dicken Nach-Gipfel-Kater erwacht sind. Hier müsste es doch allen langsam dämmern, dass es nicht ausreicht, als Rabe den Weißkopfadler zu ärgern. Man kann den Europäern nur wünschen, dass sie Nietzsches Satz, wonach man nicht nur seine Feinde lieben, sondern auch seine Freunde hassen können muss, beherzigen.

Ich weiß nicht, wie viele Gelegenheiten Europa noch braucht, um sich endlich zu emanzipieren. Der Fall der Mauer war eine solche, der 50.Jahrestag des Waffenstillstands eine weitere. Wie lange noch wollen sich die Europäer von den USA am Nasenring über die Weltbühne herumführen lassen? Denn es wäre zu kurz gegriffen, Trump isoliert zu betrachten und nicht als den höchsten Repräsentanten des mächtigsten Landes der Erde, in einer Reihe mit seinen Vorgängern. Bei den im November anstehenden Mid-Terms könnten Trumps Provokationen den Republikanern zum Sieg verhelfen und seine Politik verfestigen: der Weltfrieden als Geisel einer Wahl!

Und noch eines. Die Schuldigen am US-Außenhandelsdefizit sind nicht die EU und insbesondere Deutschland oder China: Die Schuldigen sind die USA selbst, deren Kapitalisten die Arbeit exportiert haben in die globale Welt. Und der US-Schuldenberg ist auch hausgemacht. Seit Mitte der 70er Jahre leben die USA über ihren Verhältnissen und beteiligen über den Petro-Dollar und Staatsanleihen den Rest der Welt an ihrem Defizit.