Mit dem Zeppelin über den Bodensee


Irgendwie ist hier alles anders als auf einem normalen Flug: viel leiser als gedacht. Viel geräumiger und entspannter. Vor allem die Perspektive ist eine andere. Fast schwerelos scheint man zu schweben – in einer Höhe von etwa 300 Metern. Der Blick aus dem Zeppelin schweift über die Schweizer Alpen, über Schlösser und Burgen am Bodensee, über die Blumeninsel Mainau. Sich an Bord frei zu bewegen, das ist hier problemlos möglich. Und wann hat man schon mal die Gelegenheit, dem Piloten im Cockpit über die Schulter zu schauen?

„Glauben Sie mir, ich habe den schönsten Beruf der Welt“, sagt Kapitän Lars Pentzek. Die Stimmung unter den zwölf Passagieren könnte besser nicht sein. „Schöner kann man nicht feiern“, kommt Dietmar Wieboldt ins Schwärmen. Er hat den Flug zum 60. Geburtstag geschenkt bekommen und ist zusammen mit seiner Frau und seinen erwachsenen Töchtern eigens aus Kiel angereist. Er ist aber nicht das einzige Geburtstagskind an Bord. Auch Birgit Kölsch und Heinz Glafenhein sind von ihren Ehepartnern überrascht worden und überglücklich. Fotografieren? Ein Muss! Aber am schönsten ist es, es sich auf seinem Sitzplatz bequem zu machen, sich zurückzulehnen und zu genießen.

Fliegen mit dem Zeppelin, nach wie vor ist das ein Mythos. Allein schon der Gedanke daran weckt Sehnsüchte. Im 21. Jahrhundert sind die am Himmel über dem Bodensee kreisenden Zeppeline wieder zu einer Selbstverständlichkeit geworden.

Die Flüge dauern zwischen 30 Minuten und zwei Stunden. Freunde können den Flugbetrieb hautnah miterleben, zum Beispiel im Restaurant direkt am Hangar beim Start- und Landeplatz in Friedrichshafen. Auch eine Werftbesichtigung ist möglich. Seit 2012 ist der Zeppelin gar zum Standesamt geworden. Brautpaare können sich in der Gondel das Ja-Wort geben und anschließend zusammen mit ihren Gästen abheben.

Friedrichshafen ist eine Industriestadt mit rund 60 000 Einwohnern, die sich gerne auch „Zeppelinstadt“ nennt. Zu Recht, trifft man hier doch auf Schritt und Tritt auf Ferdinand Graf von Zeppelin. Den Mann, dem man hier so viel zu verdanken hat. Das Kultur- und Kongresszentrum trägt seinen Namen, das Museum, ein Gymnasium, ein Fanfarenzug, ein Tanzsportverein und so vieles mehr. „Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen.“ Dieser vielzitierte Satz des Grafen ziert auch das Zeppelin-Denkmal, eine dreizehn Meter hohe, massive Bronzesäule, die im Stadtgarten in den Himmel ragt.

Nur wenige Kilometer von hier entfernt gelang am 2. Juli 1900 in der Manzeller Bucht vor den Augen von rund 12000 Zuschauern am Ufer des Bodensees der erste Aufstieg des Luftschiffes LZ1. Ein Flug, der nur 18 Minuten dauerte und schließlich in einer Notlandung auf dem Wasser endete. Fast ein ganzes Jahrhundert später, am 18. September 1997, stieg das erste Luftschiff Neuer Technologie (NT) wieder in Friedrichshafen auf. Entwickelt, gebaut und vermarktet werden die modernen Zeppeline von der in Friedrichshafen ansässigen ZLT Zeppelin Luftschifftechnik GmbH & Co. KG, die 1993 gegründet wurde.

Wie sein größerer und älterer Bruder ist auch der Zeppelin NT ein Starrluftschiff. Zeppelin LZ 129 „Hindenburg“, der nach dem Überseeflug bei der Landung in Lakehurst, New Jersey, am 6. Mai 1937 zerstört wurde und die Ära der großen Luftschiffe beendete, hatte ein Volumen von 200 000 Kubikmetern und war 245 Meter lang. Im Vergleich dazu sind die Ausmaße eines Zeppelin NT mit einer Länge von 75 Metern und einem Volumen 8425 Kubikmetern eher bescheiden.

Heute ist ein Zeppelin NT das größte und einzige für den kommerziellen Passagierbetrieb zugelassene Luftschiff der Welt und verfügt über eine starre Innenstruktur. Antriebe, Leitwerke und Kabine sind direkt an die Tragstruktur montiert, um so dem Zeppelin NT das gewünschte Maß an Sicherheit, Komfort und Leistung zu verleihen. Als Traggas wird Helium benutzt, das im Gegensatz zum früher verwendeten Wasserstoff nicht brennbar ist. Heutige Zeppeline kommen nicht nur für Touristen, sondern auch für wissenschaftliche und industrielle Projekte und für Werbezwecke zum Einsatz.

2017 flogen 24 000 Fluggäste mit einem Zeppelin NT, und damit doppelt so viele wie noch 2012. „In der Bodenseeregion kennt uns inzwischen jeder. Unser Ziel ist es, die besondere Faszination dieser Art des Fliegens national und international noch bekannter zu machen“, sagt ZLT-Geschäftsführer Eckhard Breuer. „Zeppeline sind damals wie heute identitätsstiftend für die gesamte Bodenseeregion und gelten als Wahrzeichen für die Stadt Friedrichshafen“, betont auch Oberbürgermeister Andreas Brand.

Eine Stunde vergeht im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Gelandet wird auf der freien Wiese. Nur ein Mann hält den Zeppelin an einem Seil fest. Zum Abschluss gibt es noch ein Gläschen Sekt. (dpa)

Flugsaison der Zeppeline 2018: bis Mitte November

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