ATS Rauw aus Büllingen: „Digitalisierung heißt nicht Serienproduktion“

<p>Das Führungsduo Kerstin Rauw und Frederik Michels blickt positiv in die Zukunft.</p>
Das Führungsduo Kerstin Rauw und Frederik Michels blickt positiv in die Zukunft.

Gegründet im Jahre 1984 durch Marcel Rauw mit einer kleinen Werkstatt bei einem nahegelegenen Holzhof, die sich auf den Unterhalt von Forstkränen konzentrierte, hat das Unternehmen bereits Anfang der 90er-Jahre seine erste Halle in der Industriezone Morsheck in Büllingen errichtet. Nach und nach entwickelte sich ATS Rauw von einem reinem Unterhaltsunternehmen zu einem Betrieb, der sich auf die Herstellung und Montage von Anhängern, Aufliegern und LKW-Aufbauten spezialisiert hat. Während das „Ursprungsprodukt“ - die Forstkräne – kaum noch bei ATS Rauw aufgebaut werden, hat ATS Rauw heute die Exklusivvertretung für die Stückgutkräne und Schwerlastkräne der Marke Palfinger im deutschsprachigen Gebiet Belgiens und angrenzenden französischsprachigen Gemeinden sowie für die Anhänger der Marke Kempf belgienweit inne.

Zum heutigen Tage zählt ATS Rauw rund 37 Mitarbeiter und wird in zweiter Generation durch die 33-jährigen Kerstin Rauw und ihrem Partner Frederik Michels geführt. Während sie sich vor allem für den administrativen Teil verantwortlich zeigt, kann Frederik Michels dies durch seine Ausbildung als Fahrzeugbauer im technischen Bereich ergänzen.

Eins nach dem anderen!

Als Kerstin Rauw im Jahr 2014 von ihrem Job in einer Beraterfirma im Bereich Supply-Chain in die Geschäftsführung von ATS Rauw wechselte, sah sie auf Grund der Erfahrungen, die sie in ihrer vorherigen Position sammeln durfte, vor allem Handlungsbedarf in der Lagerverwaltung. „Natürlich gab es schon ein ERP-System, doch bedienten sich die Arbeiter je nach Bedarf selbst im Lager und notierten dies per Hand auf den jeweiligen Auftragszetteln“, berichtet sie. Dies führte natürlich zu einer Verzögerung in der Verwaltung, da die Auftragszettel erst nach Abschluss der Arbeiten dort eingingen. Auch der Umstand, dass man sich ausschließlich auf das menschliche Erinnerungsvermögen verlassen musste um sicherzugehen, dass auch wirklich jedes entnommene Schräubchen notiert wurde, führte zu einem generellen Umdenken. ATS Rauw investierte also in ein Barcode-System, was vor allem für die Lageristen zu Beginn einen erheblichen Mehraufwand darstellte. Rückblickend kann man jedoch sagen, dass sich trotz des anfänglichen Widerstands der Aufwand gelohnt hat. „Es herrscht eine bessere Struktur. Der Lagerbestand kann quasi in Echtzeit überwacht und fehlende Produkte nachbestellt werden. Auch im Bereich der Abrechnung sparen wir viel Zeit“, bilanziert Kerstin Rauw dieses digitale Vorhaben.

Nach dem die Effizienz in der Lagerverwaltung verbessert werden konnte, fasste man den Entschluss, weiter in Digitalisierungsmaßnahmen zu investieren und zwar gemäß der Strategie „Eins nach dem anderen“. Digitalisierung bedeutet für das Führungsduo nicht das Einsparen von Personal, sondern vor allem die Energie und Zeit der Mitarbeiter auf das Wesentliche zu fokussieren - nicht zuletzt im Hinblick auf den herrschenden Fachkräftemangel.

Keine Serienproduktion möglich

In einer zweiten Digitalisierungs-Phase richtete ATS Rauw im Jahr 2016 das Augenmerk auf die Mensch-Maschine-Kommunikation, im Fachjargon spricht man hier vom „Smart Manufacturing“. Während der Arbeiter vorher anhand von ausgedruckten Dokumenten die Maschinen programmierten, ist es nun möglich, die Berechnungen des Studienbüros direkt auf die Maschine zu übertragen. Auch wenn die Papierversion noch nicht komplett verbannt wurde, da die Arbeiter damit immer noch eine Vor-Ort-Kontrolle durchführen, hat diese Umstellung vor allem die digitale Nachverfolgbarkeit der großen Komponenten erleichtert. „Im Schadensfall können wir vor allem die kritischen Bauteile somit schnell nachverfolgen“ so die beiden.

Mit der Eröffnung der neuen Produktionsfläche Anfang diesen Jahres hat ATS Rauw seine Produktionsfläche quasi verdoppelt. Auch hier wurde eine weitere digitale Neuerung integriert. Die Angestellten haben von nun an per PC einen direkten Zugriff auf die Details in den Bauplänen. Auf Papier war es bisher nicht immer möglich, jedes Detail einzusehen und auszudrucken. „Der Arbeiter musste dann jedes Mal das Studienbüro kontaktieren, um diese nachzufragen. Hier ist sowohl von Seiten der Arbeiter als auch vom Studienbüro eine positive Resonanz zu hören.“ berichtet Kerstin Rauw. Aktuell ist man dabei, die Verwaltung und Buchhaltung zu optimieren und revisionssicher zu machen. Dieses Vorhaben wurde jedoch wegen der Corona-Epidemie leider ausgebremst.


„Dies ermöglicht einem nach Abschluss eines Projektes eine gewisse Distanz zu bekommen und bewerten zu können, was man beim nächsten Mal vielleicht besser machen kann. Einfach ein Projekt loszustoßen, damit ist es nicht getan“ Frederik Michels.

ATS Rauw ist ein gutes Beispiel dafür, dass Digitalisierungsprojekte nicht nur bei Serienproduktionen möglich sind. Denn anders als bei einer klassischen Produktionslinie mit standardisierten Prozessen, ist hier jedes „Produkt“ einzigartig. Jedes Projekt hat seine Eigenheiten, angefangen bei der LKW-Marke und Modell, bis hin zu unterschiedlichen Bedürfnissen in der Nutzung und nicht zuletzt auch dem Design. Ein klassisches Serienprodukt, was man auf einen LKW bauen kann, gibt es so nicht bei ATS Rauw.

Auch sind sich beide einig, dass man ganz genau abwägen sollte, was für das eigene Unternehmen sinnvoll ist und was nicht. Zwischenzeitlich wurde bei ATS Rauw auch mal ein externer Berater zur Unterstützung hinzugezogen. Schnell musste jedoch festgestellt werden, dass das „Schema F“ bei ATS Rauw so nicht anwendbar war. Hier setzt man nun auf eigene Erfahrungen, den intensiven Austausch mit den Mitarbeitern und natürlich auf die Einbindung von externen Experten für die jeweiligen digitalen Projekte. Für Kerstin Rauw und Frederik Michels ist auch klar, dass Investitionen nicht immer direkt messbar und greifbar sind, aber die positiven Effekte sehr schnell spürbar sind, sowohl in der Effizienz als auch bei den Zahlen.

Auf die Frage, wie sie sich ihr „Unternehmen der Zukunft“ vorstellen sind sich beide einig. „Hier wird noch jedes Projekt als Projekt bearbeitet, das heißt jeder Kunde ist individuell.“


„Unser Qualitätsanspruch: Dank der Prozessoptimierung den Kunden mehr in die Herstellung zu integrieren und mögliche Fehlerquellen im Vorfeld vermeiden. K. Rauw + F. Michels

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