Belgien als Risikogebiet: Was das für Ostbelgien bedeutet

<p>Belgien als Risikogebiet: Was das für Ostbelgien bedeutet</p>
Illustrationsfoto: Oliver Berg/dpa


Warum haben die deutschen Behörden Belgien zum Risikogebiet erklärt?


Überschreitet ein Land die Neuinfiziertenzahl im Verhältnis zur Bevölkerung von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen, kann eine Einstufung als Risikogebiet erfolgen und in der Folge auch eine Reisewarnung ausgesprochen werden. Für Belgien ist dies der Fall. Vor diesem Hintergrund hat Deutschland unser Land am späten Mittwochabend zum Risikogebiet erklärt. In Belgien spricht man von einer „roten Zone“. Wichtig: Die deutschen Behörden machen für die Einstufung Belgiens keine Unterscheidung nach Regionen, sondern haben das gesamte Land als Risikogebiet erklärt.


Was bedeutet diese Entscheidung für Belgier, die nach Deutschland wollen?


Die Neueinstufung als Risikogebiet durch die deutschen Behörden bedeutet konkret, dass Einreisen von Belgiern nach Deutschland – offiziell zumindest – ohne einen triftigen Grund untersagt sind. Aber Achtung: Grenzkontrollen gibt es nicht und sind bislang zumindest auch nicht vorgesehen. Wohl aber könnte man nach einer Einreise in Deutschland kontrolliert werden. Wenn man dann keinen triftigen oder essenziellen Grund für einen Aufenthalt in Deutschland nachweisen kann, droht zumindest theoretisch ein Bußgeld.


Wie möchte die Städteregion Aachen vorgehen?


Da die Deutschsprachige Gemeinschaft keine so hohen Infektionszahlen wie der übrige Teil der Provinz Lüttich aufweist, hat die Städteregion Aachen angekündigt, „Kulanz“ bei der Kontrolle walten zu lassen. Das erklärte Detlef Funken, Pressesprecher der Städteregion, am Donnerstag gegenüber dem GrenzEcho. „Es gibt das geltende Recht, und das werden wir auch nicht außer Kraft setzen. Und wir appellieren auch zur Vorsicht um Umgang mit dem Coronavirus. Das bedeutet, dass man auf Fahrten, die man nicht unbedingt antreten muss, verzichten sollte“, so Funken. Allerdings gebe es eine „gemeinsame Lebenswirklichkeit“ im Grenzraum, der man Rechnung tragen wolle. Das heißt, dass man sich bei der Polizei dafür einsetzen wolle, auf Kontrollen zu verzichten.


Was sind triftige oder essenzielle Gründe, die einen Aufenthalt in Deutschland erlauben?


Zu den triftigen Gründen gehören Arbeit, Ausbildung, Schule oder Studium. Hinzu kommen Arzt- oder Krankenhausaufenthalte. Auch Besuche aus familiären Gründen sind erlaubt. Dazu gehören der Besuch eines Lebenspartners oder von Verwandten ersten und zweiten Grades, Betreuung von Kindern, Beerdigungen oder Einäscherungen sowie die Teilnahme an zivilen oder religiösen Hochzeiten. Die triftigen Gründe sind in den Corona-Verordnungen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Nicht zu den triftigen Gründen gehören Freizeitaktivitäten (Kino und Restaurantbesuche) oder Einkaufen. Belgier, die nach Deutschland wollen, schauen am besten in die Corona-Verordnungen von NRW und Rheinland-Pfalz.


Die Arbeitsgruppe EU-DG versucht, Ausnahmeregelungen bei den Behörden in NRW und Rheinland-Pfalz zu erreichen. Worum geht es?


Zur Arbeitsgruppe gehören der EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP/EVP), DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG), Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz (SP) und Michael Dejozé, Geschäftsführer der Euregio Maas-Rhein. Dieses Quartett hatte bei einem Pressetermin am Mittwoch Vorschläge für Ausnahmeregelungen präsentiert. Da ganz Belgien für die deutschen Behörden jetzt als „rote Zone“ gilt, soll es zumindest Ausnahmeregelungen für Grenzgänger (im Prinzip die Menschen, die an der Grenze wohnen, dazu zählt die komplette DG) geben. Konkret könnte sich ein Einwohner aus der DG maximal 48 Stunden ohne Angabe von Gründen dort aufhalten, ohne Quarantäne-Verpflichtungen erfüllen oder einen Corona-Test machen zu müssen. Entscheiden müssten das aber die jeweiligen Landesregierungen von NRW und Rheinland-Pfalz.


Wann könnte es eine Ausnahmeregelung geben?


Die Arbeitsgruppe hofft darauf, dass eine solche Ausnahmeregelung möglichst schnell zustande kommt, damit es möglichst wenig Einschränkungen für die Menschen in der Grenzregion gibt. Ministerpräsident Oliver Paasch sprach am Mittwoch vom „europäischen Alltag“, der an der Grenze weiterhin gelebt werden soll.


Was bedeutet die Einstufung Belgiens als Risikogebiet für Deutsche, die nach Belgien wollen?


Das Auswärtige Amt in Berlin hat eine Reisewarnung für Belgien ausgesprochen. Das ist zwar kein Verbot, soll aber eine möglichst große abschreckende Wirkung auf Touristen haben. Das Gute für den Urlauber: Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum Risikogebiet erklärt wird. Das Schlechte: Rückkehrer aus Risikogebieten müssen sich testen lassen und in Quarantäne, bis das Ergebnis da ist. Außerdem müssen sie sich beim zuständigen Gesundheitsamt melden. Das Corona-Testergebnis darf höchstens 48 Stunden alt sein.


Wie ist eigentlich die Situation in Luxemburg?


Was Luxemburg angeht, ist die Situation geklärt. Obschon Belgien das Großherzogtum vor Kurzem als „rote Zone“ erklärt hatte, dürfen Grenzgänger – dazu zählen alle Einwohner in der DG – ohne Einschränkungen über die Grenze. Das Wort Grenzgänger ist dabei bewusst schwammig definiert, weil es sich dabei nicht nur um Berufspendler, sondern auch um Personen handelt, die zum Einkaufen oder zum Tanken ins Großherzogtum wollen. Luxemburger, die nach Belgien fahren, dürfen sich dagegen nur maximal 48 Stunden hierzulande aufhalten – es sei denn, es gibt einen triftigen Grund (u.a. Ausbildung, Schule oder Studium). Die Lage für Belgier würde sich übrigens ändern, wenn Luxemburg unser Land zur „roten Zone“ erklärt. Doch danach sieht es nach Angaben von Ministerpräsident Oliver Paasch nicht aus.

Kommentare

  • Die Städteregion Aachen wertet die DG auf der ihr vorliegenden differenzierten Daten nicht als Risikogebiet. Das wird sie heute auch in der Presse erklären. Das bedeutet, dass dort die Restriktionen nicht gelten. Zudem gibt es das Signal, dass die deutsche Polizei dieser Einschätzung der Städteregion Aachen folgt und daher dort auch nicht kontrolliert.

  • Sehr geehrter Herr Deller,
    tatsächlich wertet die Städteregion die DG nicht als Risikogebiet. Das heißt aber nicht, dass die Restriktionen dort nicht gelten. Denn schließlich gilt die Entscheidung der deutschen Behörden für ganz Belgien. Wohl aber hat die Städteregion angekündigt, "Kulanz" walten zu lassen. Das ist ein Unterschied. Der Artikel wird angepasst.
    Beste Grüße Christian Schmitz

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