Streit um Corona-Ausgehsperre in Katalonien spitzt sich zu

<p>Eine Szene aus Lleida. Dort sprachen Bürger von einem „lächerlichen Hin und Her“, Ladenbesitzer warnten vor einer „wirtschaftlichen Katastrophe“.</p>
Eine Szene aus Lleida. Dort sprachen Bürger von einem „lächerlichen Hin und Her“, Ladenbesitzer warnten vor einer „wirtschaftlichen Katastrophe“. | Foto: belga

Nachdem eine Richterin die Lockdown-Anordnung für die Großstadt Lleida und sieben umliegende Gemeinden gekippt hatte, erließ Regionalpräsident Quim Torra am späten Montagabend ein Dekret zur Durchsetzung dieses ersten Ausgehverbots in Spanien seit dem Ende des landesweiten Notstands am 21. Juni. Betroffen sind rund 160 000 Menschen.

Die Maßnahme Torras stieß bei Rechtsexperten sowie bei Politikern und Bürgern des betroffenen Landbezirkes Segrià auf viel Kritik. Sechs der acht betroffenen Bürgermeister, darunter aber nicht der von Lleida, teilten am Montagabend mit, man erwäge eine Missachtung des Dekrets. Bürger in Lleida rund 150 Kilometer nordwestlich von Barcelona sprachen von einem „lächerlichen Hin und Her“, Ladenbesitzer warnten vor einer „wirtschaftlichen Katastrophe“.

Mehrere von der Zeitung „El País“ befragte Juristen stimmten darin überein, ein Regionalpräsident könne nicht per Dekret Grundrechte wie die Bewegungsfreiheit einschränken. Nur das spanische Parlament sei befugt, entsprechende Maßnahmen zu beschließen. Das war das Argument der Zentralregierung gewesen, als sie sich einen insgesamt dreimonatigen landesweiten Notstand samt strenger Ausgehsperre mehrfach vom Parlament in Madrid hatte absegnen lassen.

Die Richterin, die Torras erste Anordnung gekippt hatte, hatte erklärt, ein Lockdown sei trotz steigender Corona-Fälle unverhältnismäßig. Torra entgegnete: „Wir können nicht die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzen.“ Nach seinem Dekret darf man in Segrià das Haus nur mit triftigen Gründen verlassen, etwa um zur Arbeit oder zum Arzt zu fahren oder Einkäufe zu tätigen.

Wegen steigender Infektionszahlen darf man in Segrià seit über einer Woche bis auf wenige Ausnahmen weder ein- noch ausreisen. Fahrten in und aus dem Gebiet sind weitgehend untersagt. Es gibt zahlreiche Polizeikontrollen. In Segrià gab es am Dienstag insgesamt gut 1600 Infizierte. Die Infektionen gibt es nach amtlichen Angaben vor allem bei Saisonarbeitern in der Landwirtschaft, in Altenheimen sowie in einem Wohnquartier.

Medienberichten zufolge gibt es im einstigen Corona-Hotspot Spanien landesweit mehr als 100 lokal begrenzte Corona-Ausbrüche. So schlimm wie im katalanischen Segrià sei die Lage aber nirgendwo. (dpa)

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