Coldplay stellt Doppelalbum „Everyday Life“ vor

<p>Chris Martin (r.) and Jonny Buckland von Coldplay bei einem Auftritt. Die britische Pop-Band veröffentlicht jetzt ihr neues Doppelalbum.</p>
Chris Martin (r.) and Jonny Buckland von Coldplay bei einem Auftritt. Die britische Pop-Band veröffentlicht jetzt ihr neues Doppelalbum. | Foto: Matteo Bazzi/epa/dpa

Drei Generationen in einem Song? Coldplay macht's möglich. Der Song „Arabesque“ der britischen Popband ist stark beeinflusst von Fela Kuti, dem 1997 gestorbenen Gralshüter des Afrobeat. Die Bläsersätze überließ Coldplay bei den Aufnahmen Kutis Sohn Femi und Enkel Made. Das packende Ergebnis ist zu hören auf „Everyday Life“. Das Doppelalbum, die erste Coldplay-Einspielung seit vier Jahren, erscheint an diesem Freitag. „Arabesque“ ist der Knaller auf dem Album. Der treibende Beat stammt aus Zeiten, als Produzent Brian Eno Leadsänger Chris Martin für zwei Wochen von der Band suspendierte. Die anderen Coldplay-Musiker sollten sich ohne ihren Frontmann finden. Übrig blieben jede Menge Jams, darunter der Grundbeat für „Arabesque“. „Ich habe das über Jahre geliebt“, erzählt Martin im Video zur Produktion. Die Bläser-Arrangements übernahmen die Kutis. Damit schaffte es auch erstmals ein Saxofon auf ein Coldplay-Album.

Eine französische Strophe von „Arabesque“ steuerte das belgische Multitalent Stromae bei. „Stromae ist vielleicht einer der besten Künstler der Welt“, sagte Martin im BBC-Interview. „Sein letztes Album "Racine carrée" ist brillant, es hat mich weggehauen. Ich glaube, das hat unser Album stark beeinflusst. Wir haben uns angefreundet, ich habe ihn gefragt, ob er mitsingen würde, und er sagte: ok.“ Das Doppelalbum teilt sich in „Sunrise“ und „Sunset“. Doppelalbum? Nun ja, es sind 16 Stücke. Allerdings kommen mehrere Teile über ein Zwischenspiel nicht hinaus. „Everyday Life“ ist insgesamt kürzer als manches der sieben einzelnen Vorgängeralben, die seit dem internationalen Durchbruch mit „Parachutes“ vor 19 Jahren den weltweiten Erfolg von Coldplay markieren.

Vier Jahre sind seit dem letzten Album vergangen, zwei Jahre liegt die gefeierte Tour zurück. Nun glich die Veröffentlichung von „Everyday Life“ einer versteckten Inszenierung: Noch bevor die PR-Maschine sich drehte, verschickte die Band Briefe an völlig überraschte Fans, in denen sie das Album ankündigte. In Zeitungen wurden Kleinanzeigen platziert. Ähnlich ungewohnt ist der Stilmix der Musiker auf dem Album. Natürlich gibt es feinsten Coldplay-Pop wie in „Church“ oder „Champions Of The World“, ruhigere Passagen hat das Album mit „Trouble in Town“ oder „Daddy“, gar chorale Klänge bei „When I Need A Friend“. An Gospel mit der Pop-Stimme von Martin wie auf „Broken“ müssen sich eingefleischte Fans beider Stile wohl erst gewöhnen.

Viele der neuen Songs sind beeinflusst oder begleitet von Martins Tonaufnahmen aus der ganzen Welt. Er schneide so ziemlich alles per Smartphone mit, verriet er der BBC. „Wenn jemand singt oder tanzt, nehme ich das einfach auf.“ Und lasse sich die Nummer geben „für den Fall, dass wir es samplen“. Auf „Everyday Life“ finden sich laut Martin Samples aus Buenos Aires, Paris, Italien, vielen anderen Ecken der Welt. Das politische Engagement der Musiker zeigt sich eindrücklich etwa bei „Orphans“ (Waisen). „Wir haben viel nachgedacht über all die Kinder in den Flüchtlingscamps“, sagte Martin dem US-Sender Radio.com zu dem Song. „Menschen, die nur als Migranten, Flüchtlinge, Immigranten bezeichnet werden. Das sind Menschen wie alle anderen auch, die an andere Orte gebracht wurden und einfach nur nach Hause wollen und normal sein wie jeder andere auch.“

Chris Martin spricht inzwischen von einer Befreiung der Band. „Ich bin einfach glücklich und dankbar, ein Mensch zu sein. Es ist mir egal, wenn jemand nicht mag, was wir machen. Aber ich liebe, was wir machen.“ Etwas drastischer formulierte Martin das im US-Sender KYSR: „Unsere Haltung ist jetzt: Fuck it, mach' einfach, was du tun willst und mach' dir keine Gedanken darüber.“ Apropos „Fuck it“: auch auf Coldplay-Alben sind jetzt Kraftausdrücke zu hören. „Fluchen hilft manchmal“, weiß Martin aus dem täglichen Leben. Bisher seien ihm solche Stellen von der Band immer rausgestrichen worden, „so funktionieren wir.“ Bei „Everyday Life“ ist es anders: „Es ist das erste Album, auf dem unser Drummer Will Champion mir das erlaubt hat.“ Den bekannten schwarz-weißen Warnhinweis für Eltern auf „Explicit Content“ braucht „Everyday Life“ dann aber wohl doch nicht. In „Arabesque“ etwa singt Coldplay von Menschen, die eben zusammengehören. Sie haben das „same fucking blood“. (dpa)

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