Hetze gegen eine 16-Jährige: Was ist bloß los?

<p>Die 16-jährige Greta Thunberg ist weltweit zum Symbol für den Kampf gegen den Klimawandel geworden.</p>
Die 16-jährige Greta Thunberg ist weltweit zum Symbol für den Kampf gegen den Klimawandel geworden. | Foto: dpa

Wie viele Ostbelgier Greta Thunberg bislang persönlich kennenlernen durften, ist nicht bekannt. Mehr als zwei Hände dürften jedoch nicht nötig sein, um sie aufzuzählen. Im Gegenzug ist die Zahl der Menschen aus der Region, die das 16-jährige Mädchen aus Schweden unverhohlen beschimpfen und beleidigen, am Wochenende drastisch in die Höhe geschnellt. Sie zu wiederholen, soll an dieser Stelle erspart bleiben. Nur so viel: Kotzende Emojis zählten da noch zu den harmloseren Reaktionen. Das sorgt unweigerlich für Kopfschütteln, macht fassungslos und wütend. Man ist geneigt zu fragen: Was ist bloß los? Wo liegt euer Problem?

„Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Eine Goldene Regel, die wohl jeder im Kindesalter mit auf den Weg gegeben bekommen hat und bei den meisten auch haften geblieben ist. Ein Gesetz ist sie nicht, aber doch der Maßstab, an dem das Zusammenleben ausgerichtet sein sollte. Sie ist, wenn man so will, der kleinstmögliche Konsens für einen vernünftigen Umgang miteinander. Dass dieser ethische Grundsatz für viele nicht mehr gilt, immer häufiger sogar bewusst mit Füßen getreten wird, dürfte jedem halbwegs aufmerksamen Beobachter bewusst sein. In den neuen Kommunikationsmedien, die ihren Zusatz „sozial“ längst verwirkt haben, schlägt die Stimmung häufig schon beim kleinsten Missfallen einer Information in Wut und Zorn um. Dann werden nicht nur Rechtschreibung und Grammatik über Bord geworfen, sondern – deutlich gravierender – Argumente, Anstand und Stil.

Daran gewöhnen sollte man sich deshalb nicht – das gilt selbstverständlich auch für Medien wie das GrenzEcho. Sich Verhaltensregeln für das Netz, sogenannte Netiquetten, zu geben, sind ein Ansatz. Es ist der Versuch, das Gröbste an Beleidigungen und Beschimpfungen zu unterbinden. Aber – auch das lehrt die Praxis – es reicht nicht aus und kann auf Dauer nicht die Lösung sein. Dafür ist der Umfang der erniedrigenden Meldungen einfach zu gewaltig, die Hemmschwelle augenscheinlich schon zu tief gefallen.

Doch was tun? Die Lösung ist so simpel wie alternativlos. Sie kann nur heißen: Haltung zeigen. Gegensteuern, nicht wegducken, Flagge zeigen. Mit Argumenten und Fakten, gerne auch mit einer Prise Humor. Das gilt für den Austausch im Netz wie für die Diskussion am Stammtisch. Der blinden Wut und dem aufgestauten Frust muss Paroli geboten werden. Nicht nur heute und morgen, sondern immer dann, wenn jemand glaubt, wahllos Menschen ins Visier nehmen zu müssen. Und erst recht so lange, wie ein nachdenkliches Mädchen aus Schweden, das sich um die Zukunft ihrer Generation sorgt, rücksichtslos verhöhnt wird.

Kommentare

  • Da haben Sie absolut Recht Herr Klever! Und das ist nicht nur hier ,sondern auch bei vielen anderen Themen der Fall, daß Kommentare geschrieben werden die im wahrsten Sinne des Wortes "Unterste Schublade" sind.

  • Bravo! Sehr treffender und notwendiger Kommentar Martin Klever. Allein, er wird die Leugner des anthropogenen Klimawandels, die immer wieder mit längst widerlegten „Argumenten“ und mit Inbrunst, das Lied der fossilen Energiewirtschaft singen, nicht von ihrer Mission abbringen. Dabei wäre es ja noch legitim, unterschiedlicher Meinung darüber zu sein, ob das Engagement von Greta Thunberg noch „verhältnismäßig“ und zielführend ist. Das widerholte Beschimpfen, Erniedrigen und Diffamieren einer 16-Jährigen, die doch eigentlich genau das tut, was man von der jungen Generation erwartet, nämlich sich zu engagieren und für eine Sache einzusetzen, hat das Maß des Erträglichen tatsächlich längst überschritten. Mit dem Hinweis auf das Recht auf freie Meinungsäußerung ist jedoch in den Foren und sozialen Medien Hatespeech zur Normalität oder gar zum Geschäftsmodell geworden. Die Verantwortlichen und Moderatoren haben m.E. längst das Handtuch geworfen oder sind mit ihrer Rolle völlig überfordert. Und zur Not werden die Hater auch noch geschützt. Flagge zeigen, sich nicht wegducken, Gegensteuern...? Richtig! Aber am Ende eine zermürbende und letztlich wenig fruchtbare Übung, die in einer Endlosschleife endet und es nicht schafft, Positionen anzunähern. Die Enttäuschung über das Wegducken der Forenbetreiber ist mittlerweile jedoch größer, als das Unverständnis für undifferenzierte Diffamierung, Hetze oder Hass. Die Medien, selbst die öffentlich-rechtlichen, werden mittlerweile gar von den Wutbürgern vor sich her getrieben, wie das Beispiel der vermeintlichen Randale vermeintlich ausländischer Besucher in einem Düsseldorfer Schwimmbad dokumentiert. Da verschwimmt dann auch schonmal die Grenze zwischen Fakt und Fake-News und zwischen Opfer und Täter. Stephan Pesch beendete einen Kommentar im BRF küzrlich mit einem ähnlichen Appell. Den Verbreitern von Hass und Hetze nicht das Feld überlassen. Ein wenig Unterstützung würde gut tun.

  • Herr Klever scheint seine eigene Zeitung nicht zu lesen (Auszug Net-Echo 10.08.2019 18Uhr13). « Das deutsche Bundesamt vom Verfassungsschutz spricht bei Ende Gelände von einer linksextremistisch beeinflussten Kampagne. Sie werde sowohl von Gruppierungen des demokratischen Spektrums, aber auch von Akteuren der linksextremistischen Szene unterstützt » Greta Thunberg unterstützt also genau diese linksextremistische Szene, die sich an fremdem Eigentum vergreifen und mutwillig zerstören, die Arbeiter/Beschäftigte angreifen und Polizisten, in der Ausübung ihres Dienstes, verletzen, mit Kot, Fäkalien bewerfen etc.. Alles unter dem Deckmantel von « zivilem Ungehorsam ». Ich denke viele Kommentarschreiber sind der Meinung, das Recht und Ordnung nicht mehr für alle gilt. Die von den Medien hochgejubelte 16 jährige Aktivistin Greta Thunberg hat ganz bestimmt in ihrem kindlichen Alter weder den Durchblick, die Lebenserfahrung noch die finanziellen Mittel, all diese Aktivitäten zu planen und durchzuführen. Was, wer also steckt hinter dem ganzen? Von wem wird sie vermarktet, vielleicht missbraucht ? Ist es etwa nur ein kindlicher Gedanke die Welt zu verändern und umzukrempeln oder steckt viel mehr dahinter? Als Journalist, als Grenz-Echo auf der einen Seite den Moralapostel spielen zu wollen, auf der anderen Seite DPA-Berichte praktisch buchstaben getreu zu übernehmen, ist in meinen Augen einfach zu wenig und billig obendrein. Wie wäre es Herr Klever, wertes GE, wenn sie, statt den moralischen Zeigefinger zu erheben, mal hinter die Fassade « Greta Thunberg » blicken würden und ihre Leser mal entsprechend, mit Fakten belegt, aufklären würden? Auch Aufklärung kann dazu beitragen, nicht « druckreife anonyme Kommentare » einzudämmen.

  • Das wiederholte Beschimpfen...

  • Ich stimme Ihnen zu Herr Klever. Herrn Fink kann ich nur nochmals auf meine Antworten aus OD verweisen.

  • Sehr geehrter Herr Leonard, Die Aussage des Bundesamtes für Verfassungsschutz stand so im Grenz-Echo. Das Photo der Aktivistin Greta Thunberg zusammen mit Personen einschliesslich vermummter Person von Ende Gelände war ebenfalls im GE abgebildet. Das die Aktivistin die linksextremistische Szene mit ihrer Anwesenheit medienwirksam unterstützt hat ist nicht von der Hand zu weisen. Ausserdem habe ich darauf hingewiesen, dass man als Journalist und GE mit entsprechender Hintergrundinformation und Aufklärung ebenfalls dazu beitragen kann, nicht druckreife anonyme Kommentare einzudämmen. Wo sehen sie die Beschimpfungen ?

  • @E. Fink Da sie um Aufklärung bitten, sollten Sie vielleicht auch zur Kenntnis nehmen, dass Greta Thunberg bei ihrem Besuch im Tagebau Hambacher zwar bemerkt hat, dass „Ziviler Ungehorsam“ manchmal notwendig sei, dass sie sich jedoch klar von jeglicher Gewalt und jeglicher Zerstörung distanziert hat. Falls sie suggerieren wollen, dass all die Menschen, die sich gegen den Tagebau in den vergangenen Jahren mobilisiert haben, linksextremistische Gewalttäter sind, mit denen Greta Thunberg sich solidarisiert, bewegen sie sich weder auf dem Boden von Fakten, noch haben sie den Kern der Debatte erkannt. Auch haben sie scheinbar nicht erkannt, was Martin Klever mit seinem Kommentar zum Ausdruck bringen möchte. Es geht weniger um Greta Thunberg, sondern um die Art und Weise, wie in „Sozialen Medien“ öffentlich gegen Menschen gehetzt wird, nur weil deren Anliegen oder deren Nase jemandem nicht gefällt. Die Diskussion über den Klimawandel und Greta Thunberg steht hier nur als allerdings aussagekräftiges Beispiel. Als vor einigen Monaten eine von der Gruppierung „Ende Gelände“ völlig unabhängige Jugendgruppe ein Transparent am Tagebau angebracht hatten, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen, wurden sie von ostbelgischen Foristen völlig grundlos und in niederer Absicht, als Öko-Dschihadisten und Öko-Terroristen betitelt. Wegen eines Transparentes! Andere reden schonmal gerne über „Grüne Ratten“. Da hört sich „links-grün versiffte A...l...cher“ ja schon fast wie Zuneigung an. Dass der Hass und die Hetze gegen Menschen, die vor den Gefahren des Klimawandels warnen just aus dem Munde derer kommt, die den anthropogenen Klimawandel leugnen, ist natürlich kein Zufall. Hier geht es nicht um Aufklärung, um hintergründige Informationen und selbst nicht um das Aufeinderprallen unterschiedlicher Meinungen. Hier geht es Diffamierung, Herabwürdigung, Hass und Hetze. Die Aktionen gewaltbereiter Aktivisten, ob von rechts oder von links ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Alle Aktivisten und Demonstranten in Sippenhaft zu nehmen ist Diffamierung. Ob es eine Eigendynamik der „sozialen Medien“ ist, die solche Auswüchse per se produziert ist eine mögliche Erklärung. Die mittlerweile öffentlich von führenden „Staatsmännern“ vorgeführte unvorstellbar niveaulose und hasserfüllte, spalterische Rhetorik (von Trump, Salvini, Johnson bis Bolsonaro) bietet den Foristen jedoch ein Alibi ihren niedrigsten Instinkten freien Lauf zu lassen. Ich habe noch keine „Diskussion“ in „Sozialen Medien“ erlebt, wo durch Counterspeek, Positionen relativiert oder gar angenähert werden konnten. Im Gegenteil. Hier ein Angebot. Das Anliegen von Greta Thunberg und der FFF ist, angesichts der Herausforderung, die der Klimawandel für unsere Handeln bedeutet, legitim und zu unterstützen. Legitim ist aber auch, über die Rolle, die ein 16-jähriges Mädchen hierbei einnimmt, kontrovers zu diskutieren. Hierbei sollte es um Fakten und gesicherte Erkenntnisse gehen, nicht um Ressentiments oder Lobbyismus.

  • @E. Fink Leider funktioniert die Antwort-Funktion nicht. „Das wiederholte Beschimpfen...“ war eine Korrektur meines Kommentares in dem ich „Das widerholte Beschimpfen...“ geschrieben hatte.

  • @Dieter Leonard Danke für ihre Sachlichkeit in dieser Angelegenheit. Allerdings sind die Pöbeleien, anonyme Anschuldigungen, ... die sie hier aufzählen nicht meinem ersten Kommentar enthalten. Ich denke auch, Herr Klever ist manns genug, sich selbst zu verteidigen. Natürlich haben sowohl sie als auch ich das Recht auf freie Meinungsäusserung. Ich möchte diese Diskussion meinerseits aber jetzt hiermit abschliessen.

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