Nach Gorch Fock hat auch Werft Schlagseite

<p>Einst Vorzeigeschiff, jetzt Ausdruck der Misere der deutschen Bundeswehr: Die Gorch Fock.</p>
Einst Vorzeigeschiff, jetzt Ausdruck der Misere der deutschen Bundeswehr: Die Gorch Fock. | dpa

Die mit der Sanierung der „Gorch Fock“, einst der ganze Stolz der deutschen Marine, beauftragte Elsflether Werft AG hat Insolvenzantrag gestellt. Hintergrund der finanziellen Schwierigkeiten sind mutmaßlich veruntreute Gelder in Millionenhöhe, was die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch der vor rund drei Wochen geschassten Leitungsriege zuschrieb. „Die alte Geschäftsführung hat, soweit wir das bisher aufklären konnten, Summen in Millionenhöhe, die die Bundeswehr ihr bereits gezahlt hat für die „Gorch Fock“, nicht an die Unterauftragnehmer weitergeleitet“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Berlin vor einer Sitzung des Haushaltsauschusses, den sie über den Sachstand informierte.

Gegen einen der beiden Ende Januar entlassenen Vorstände ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen Untreue. Die neue Werftführung sichtete in den vergangenen drei Wochen das Zahlenmaterial. Die Prüfung habe ergeben, dass mit Stand Mitte Februar die Summe der Verbindlichkeiten bei 24 Millionen Euro gelegen habe, wovon 22,3 Millionen Euro länger als 130 Tage überfällig gewesen seien, sagte der neue Aufsichtsratchef Pieter Wasmuth der Deutschen Presse-Agentur. Auch habe sich gezeigt, dass die Werft seit 2016 keine Steuererklärung abgegeben habe.

Am Mittwoch beantragte die neue Werftführung ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, dem das zuständige Amtsgericht Nordenham grundsätzlich zustimmte, wie ein Werftsprecher der dpa bestätigte. Nach Angaben des neuen Werftvorstands Axel Birk war zuvor die Belegschaft über die Lage informiert worden.

Es wurden viele wirtschaftliche Fehler gemacht. Manche mit fragwürdigem Hintergrund.

Die alte Werftführung konstruierte laut der ebenfalls in die Kritik geratenen Ministerin von der Leyen ein Firmengeflecht von vielen Tochter- und Unterfirmen. „Sie hat Millionen aus der Elsflether Werft in dieses Firmengeflecht geleitet“, so die Ministerin. Die vor drei Wochen eingesetzte neue Geschäftsführung bringe „sehr konstruktiv und professionell Licht ins Dunkel“. Zur Insolvenz der Werft habe die Entnahme von Geldern geführt, sagte von der Leyen, nicht der zwischenzeitlich angeordnete Zahlungsstopp des Verteidigungsministeriums.

Der unter dem Verdacht der Untreue stehende ehemalige Werftvorstand ließ am Mittwoch eine Anfrage der dpa zu den Vorwürfen im Detail zunächst unbeantwortet.

Die jetzt beantragte Insolvenz in Eigenverwaltung bietet laut von der Leyen den Vorteil, dass Altschulden eingefroren werden und die Unterauftragnehmer alle mit der Werft an einem Strang ziehen müssten. Womöglich könne die Instandsetzung der „Gorch Fock“ unbelastet fortgeführt werden. Aber davor gebe es noch viele offene Fragen zu klären.

Die Kosten für die Sanierung des Dreimast-Seglers schnellten über die Jahre rasant die Höhe. Ursprünglich waren 10 Millionen Euro vorgesehen, dann wurde auf 75 Millionen Euro erhöht, inzwischen ist der Kostenansatz auf bis zu 135 Millionen Euro gestiegen. Bis zum 2. Januar 2019 wurden laut Bundesregierung rund 69 Millionen Euro ausgegeben.

Die Oppostionsparteien FDP und Grüne im deutschen Bundestag wollen, dass die Sanierung des maroden Segelschulschiffs „Gorch Fock“ zunächst auf Eis gelegt wird. Die Arbeiten an dem Schiff seien bis „zur Klärung aller offenen Fragen sofort einzustellen“, hieß es in einem für die Sitzung des Haushaltsauschusses des deutschen Bundestages vorbereiteten Antrag.

Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wie im Fall der Elsflether Werft können Unternehmen bei Gericht beantragen, die gute Aussichten auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs sehen. Es handelt sich um eine Variante des Insolvenzrechts, die statt einer Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt.

Wichtigster Unterschied: Die Geschäftsleitung bleibt dann im Amt, ihr wird allerdings ein sogenannter Sachwalter von außen zur Seite gestellt. Die alte Geschäftsführung behält damit große Teile der Verfügungsgewalt. (dpa)

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