Ein Leben für den Handball

Eva Xhonneux spielt bei den Eynattener Damen in der 2. Division. | Ralf Schaus



Von Tim Fatzaun

Es läuft die Schlussphase des Heimspiels der Eynattener Damen gegen Overpelt. Der HCER hat gerade Probleme, die Gäste verkleinern ihren Rückstand. Dann bringt Trainer Binjo Plechoc Eva Xhonneux auf das Feld. Die Nummer sieben, in ihrer ersten Saison bei den Damen, läuft auf ihre Position, Linksaußen. Immer wieder wird sie von ihrem Coach gepusht: „Komm, Eva! Geh näher ran!“ Dann, in der 57. Minute, fängt sie einen Ball ab, rennt alleine nach vorne und vollendet ihren Konter zum 25:20. Auch das letzte Tor des Tages geht auf ihre Kappe, Eynatten macht es doch noch deutlich und gewinnt mit 28:21. Am Ende ist Xhonneux im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrer Leistung: „Anfangs bin ich nicht so gut ins Spiel reingekommen, aber danach wurde es besser und ich habe mehr Zugriff bekommen.“

Eva Xhonneux ist 16 Jahre alt und seit zwölf Jahren Handballerin beim HC Eynatten-Raeren bzw. vorher beim HC Raeren 76. Mädchenmannschaften gibt es dort in der Jugendabteilung allerdings nicht, sodass sie von Anfang an bei den Jungs mitgespielt hat. Als Nachteil hat sie das aber nie empfunden. Ganz im Gegenteil: „Das hat immer viel Spaß gemacht. Ich wollte immer, dass die Jungs mich nicht nur als Teammitglied ansehen, sondern mich auch in die Gruppe mit aufnehmen. Und das hat immer gut geklappt, ich bin immer noch sehr gut mit ihnen befreundet“, erzählt Xhonneux. Dass man als einziges Mädchen in einer Jungenmannschaft ein dickes Fell braucht, weiß sie. Das hat sie sich im Laufe der Zeit zugelegt, wie auch Vorstandsmitglied Georg Pelzer berichtet: „Eva hat ein für ihr Alter unglaublich starkes Selbstbewusstsein. Sie weiß schon genau, was sie will.“

Bis zur vergangenen Saison hat Eva Xhonneux bei den Minimes gespielt. Dort trug sie noch die Rückennummer drei – so wie Uwe Gensheimer bei ihrer Lieblingsmannschaft, den Rhein-Neckar Löwen. Doch so wie ihr Vorbild die Löwen im Sommer in Richtung Paris verließ, musste auch die Raerenerin in die Damenmannschaft und zur Nummer sieben wechseln, da bei den Kadetten keine Mädchen erlaubt sind. Verabschiedet hat sie sich bei den Minimes aber noch einmal mit den unumstrittenen Highlights ihrer bisherigen Vereinskarriere: dem Gewinn der Provinz-, Wallonie- und Landesmeisterschaften. Letztere wurde sogar in eigener Halle gewonnen. „Das war wirklich ein tolles Erlebnis, auch wenn ich mich während des Spiels verletzt habe. Die Stimmung war riesig. Ich habe noch immer viele Fotos auf meinem Handy und die werden auch nicht gelöscht“, schwärmt sie fast ein Jahr später noch von dem Finale in Eynatten.

Die U19-Nationalmannschaft hat die EM-Qualifikation zwar nicht geschafft, für Eva war es dennoch ein Erlebnis.

Seit dieser Saison spielt Xhonneux nun bei den Damen in der 2. Division. Neu ist die Mannschaft von Binjo Plechoc für sie nicht, denn schon in der Vergangenheit half sie immer wieder aus, wenn der Kader zu klein war. Ihre Schwäche ist ihre Größe, die die 1,67 Meter große Spielerin mit Geschwindigkeit und Flinkheit zu kompensieren versucht.

Wie einige andere Jugendspieler des HCER ist auch Eva Xhonneux seit Kurzem Nationalspielerin. Sie wurde in den Kader für die EM-Qualifikationsspiele gegen Montenegro, die Slowakei und Frankreich berufen, die am Wochenende in der Slowakei stattgefunden haben. In allen drei Spielen mussten sich die „Young Black Arrows“ geschlagen geben (13:22, 17:25 und 11:42). Im Spiel gegen die Slowakei gelang Eva Xhonneux ihr erstes Länderspieltor. „Die Tage waren echt schön und ich habe viele Erfahrungen gesammelt, neue Spielweisen kennengelernt und etwas vom Spitzensport mitbekommen.“

Ihre Nominierung in die U19-­National­mannschaft hat die 16-Jährige laut eigener Aussage der Eynattener Jugendabteilung zu verdanken: „Die Trainer sind echt toll und bereiten einen gut vor.“ Erfahren hat sie von der Nominierung in ihrer Schule, dem Königlichen Athenäum Eupen, wo sie die Sportabteilung durchläuft. Sie hatte gerade eine Freistunde und saß passenderweise mit den anderen Sportlern zusammen. „Ich habe davor gezweifelt, ob es wirklich klappen würde. Als die E-Mail dann kam, habe ich sie zuerst natürlich meiner besten Freundin gezeigt und hatte vor Freude Tränen in den Augen“, lacht sie.

Zusammen mit Vera Mennicken und einigen anderen Jugendlichen des HCER und der KTSV Eupen macht sie momentan den C-Trainerschein, der ihr in Belgien das Trainieren aller Jugendmannschaften und vielleicht auch bald in der 2. Division ermöglicht. 120 Stunden nimmt das in Anspruch, „aber das ist für Eva kein Problem“, so Präsident Guido Lausberg: „Sie ist sehr engagiert und lebt für den Handball. Für sie ist kein Training zu viel, deshalb ist sie auch auf einem guten Weg.“

Viel Zeit für die Schule bleibt da zwar nicht mehr, doch dann werden die Hausaufgaben eben im Bus oder im Auto erledigt. Momentan denkt die Schülerin über ein Studium an der Sport­hochschule in Köln nach, aber auch eine Ausbildung zum Kiné schließt sie nicht aus. Dass sie ihr Hobby zum Beruf macht und Profihandballerin wird, steht derzeit allerdings nicht zur Debatte. „Da sehe ich mich nicht drin“, so Xhonneux: „Ich habe mir keine Ziele gesetzt, sondern lasse alles auf mich zukommen. Wobei die 1. Division in Belgien oder die Bundesliga in Deutschland natürlich toll wären. Auch die A-Nationalmannschaft wäre eine Ehre.“