Daniel Andre Tande will endlich zu Hause ausziehen

Der Gesamtführende Daniel Andre Tande will gewinnen, „damit ich endlich aus meinem Kinderzimmer ausziehen kann - aber Wohnungen in Oslo sind nunmal teuer.“ | afp

Mit dem großen Ziel so dicht vor Augen spürt Daniel Andre Tande nun doch ein wenig Druck. „Es läuft super, aber das Preisgeld reicht noch nicht – da muss noch mehr kommen“, sagt der Überraschungs-Spitzenreiter der 65. Vierschanzentournee: „Ich will ein Appartement kaufen, damit ich endlich aus meinem Kinderzimmer ausziehen kann – aber Wohnungen in Oslo sind nunmal teuer.“

Am Neujahrstag hatte der 22-Jährige in Garmisch-Partenkirchen gewonnen, drei Tage später setzte sich der Senkrechtstarter mit dem Sieg im Windchaos von Innsbruck an die Spitze des Tournee-Klassements. Hauchdünn freilich mit nicht einmal einem Meter Vorsprung auf den Polen Kamil Stoch. Dennoch stehen die Chancen gut, dass Tande nach dem Finale in Bischofshofen am Freitag (16.45 Uhr/ZDF und Eurosport) beim Makler seines Vertrauens durchklingeln kann. „Noch ist hier nichts entschieden, ich muss im Angriffsmodus bleiben“, sagte Tande nach seinem Triumph am Bergisel. Ein bisschen unangenehm war dem Überraschungsmann die Gemengelage aber doch: Zwar hatte Tande bei schwierigsten Bedingungen im auf einen Durchgang verkürzten Wettkampf einen bockstarken Sprung abgeliefert – seine Kontrahenten hatten aber auch teils grandioses Pech erwischt.

Der bis dahin in der Gesamtwertung führende Stoch war im Probedurchgang schwer gestürzt und gehandicapt immerhin noch Vierter geworden – ob der Olympiasieger bis Bischofshofen vollends fit wird, blieb offen. Den hinter Stoch zweitplatzierten Stefan Kraft (Österreich) hatte Brechdurchfall geschwächt, der Oberstdorf-Sieger wurde nur 18. und liegt in der Gesamtwertung rund zehn Meter zurück.

„Ich hoffe, dass beide zum Finale wieder komplett hergestellt sind“, sagte Tande. Dass auch der als Tourneevierter angetretene Markus Eisenbichler mit Rang 29 in der Windlotterie eine Niete zog und der sechstplatzierte Österreicher Michael Hayböck wie Zimmerkollege Kraft einen (O-Ton) „Scheißtag“ hatte und magen-darm-bedingt fehlte, machte den Wettkampf Tandes auf unschöne Art perfekt. Dabei galt Tande eigentlich nur als norwegische Notlösung für die Saison, dann verabschiedeten sich die Platzhirsche in loser Folge: Weltmeister Rune Velta trat zurück, dem im Vorjahr überragenden Kenneth Gangnes riss das Kreuzband, Skiflug-Weltrekordler Anders Fannemel ist wie Johann Andre Forfang völlig neben der Spur.

Dass damit alle Norweger auf Tande schauen, beunruhigt ihn nicht: „Ist doch schön so“, sagte er: „Ich will ohnehin immer die Nummer eins sein.“ Auch wenn er derzeit mit seinem Musikspleen gleichsam die Nervensäge Nummer eins im Team ist: Tande singt, offenbar nicht sonderlich gut, dafür gerne und ständig, mit dem Repertoire von Metallica bis Andrea Bocelli. „Die anderen hassen das“, sagt er.

Und dann ist da noch die Sache mit der Höhenangst. Jawohl: Tande, ein akrophobischer Skispringer – kann man sich gar nicht ausdenken. „Es funktioniert immer so lange gut, bis ich oben auf der Schanze sitze und runterschaue, wo ich hinspringen werde“, sagte der Norweger. Und das ist derzeit ziemlich weit unten. Immerhin: Bischofshofen ist die flachste der vier Schanzen. Nicht nur deshalb könnte der Freitag zum Tande-Tag werden. (sid)