Talentestau in der Formel 1: Mercedes-Boss schlägt Alarm

Es gibt in der Formel 1 zu wenig Plätze für Nachwuchstalente. | afp

George Russell ist ein gutes Beispiel. Der junge Brite gilt als großes Talent am Lenkrad, er strebt in seiner ersten Formel-2-Saison gleich dem Titel entgegen und brennt darauf, sich auf der großen Bühne zu beweisen – doch in der Königsklasse ist derzeit kein Platz für den 20-Jährigen. Trotz der Förderung von Mercedes.

„Die Fahrersituation ist wirklich kompliziert“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff am Rande des Grand Prix von Italien. Der Österreicher macht sich Sorgen um die Zukunft der Nachwuchshoffnungen aus seinem Stall. Russell wartet auf seine Chance. Der Deutsche Pascal Wehrlein fährt 2018 notgedrungen in der DTM. Und dem Franzosen Esteban Ocon droht bei Force India das Aus, weil der Milliardär Lawrence Stroll das Team gekauft hat – um seinen Sohn Lance in den Wagen setzen zu können. Aber etwa auch für den Belgier Stoffel Vandoorne (Mc Laren) sieht die Zukunft nicht rosig aus.

Ocon war schon auf dem Sprung zu Renault. „Aber innerhalb von 48 Stunden waren Vereinbarungen dann auf einmal keine mehr“, sagte Wolff. Daniel Ricciardo (Australien) wird stattdessen Teamkollege von Nico Hülkenberg und Red Bull besetzt den freien Platz natürlich nicht mit einem Mercedes-Protegé.

Drittes Auto in Formel 1 für den Nachwuchs?.

Es ist das ebenso alte wie große Dilemma der Formel 1: Nicht immer schaffen es die Besten ins Rampenlicht. Wolff sieht darin eine Gefahr für die Qualität des Fahrerfeldes. „Das ganze System muss überprüft werden“, sagte er. Weil er „im Herzen ein Rennfahrer“ ist, will Wolff, dass die „besten Talente“ weiter „unterstützt und weiterentwickelt werden.“ Aber nicht um jeden Preis. Deshalb stellt der 46-Jährige die Fortsetzung des Juniorprogramms seines Rennstalls infrage. „So wie es aussieht, warten jetzt drei echt talentierte Kids auf eine Gelegenheit. Das bringt uns an einen Punkt, an dem wir überlegen müssen, was wir in Zukunft machen wollen“, sagte Wolff. Ein Juniorteam aufzubauen, wie es Red Bull mit Toro Rosso gemacht hat, sei für ihn keine Option. „80, 90 oder 100 Millionen da reinzustecken, nur um die Nachwuchsfahrer unterzubringen, das ist nicht das, was ich machen will.“

Wolff gab auch zu, dass ihm der Mut fehle, einem 19-Jährigen einen Mercedes in der Formel 1 anzuvertrauen. Weil „wir dann riskieren, die WM zu verlieren, weil sie eben eine Lernkurve haben“, sagte er: „Deshalb haben wir das nie getan und auch Ferrari nicht.“

Seine Lösung des Problems? „Gebt uns ein drittes Auto“, sagte Wolff. Darin müssten verpflichtend junge Talente sitzen. „Die Kosten wären nicht wahnsinnig hoch, aber der Effekt“, sagte er: Die Startaufstellung wäre voll und wir hätten fantastische Shows mit den ‚New Kids on the Block‘, die nach oben kommen“ und den Hamiltons und Vettels „dieser Welt einen harten Kampf liefern und uns überraschen.“ (sid)