Zweiter Etappensieg für Michael Matthews

Michael Matthews setzte sich in einem packenden Sprint knapp vor dem Norweger Edvald Boasson Hagen durch und sorgte für den nächsten Festtag beim Team Sunweb. | belga

Greg Van Avermaet (BMC), der 500 Meter vor der Ankunft auf dem leicht ansteigenden Parcours nach vorne geschossen war, musste sich diesem Trio geschlagen geben und sich mit Platz vier begnügen. Jens Keukeleire wurde Sechster, Tiesj Benoot Achter. „Ich habe es einfach versucht. Ich hatte nun drei Chancen und bin drei Mal in den Top 5 gelandet. Ich darf mich also nicht beklagen. Die Kondition ist in Ordnung, doch zum Siegen fehlt mir etwas. Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, den Sprint zu früh anzuziehen. Meine Rechnung ist nicht aufgegangen“, sagte Van Avermaet im Ziel. Nun stehen zwei schwere Alpenetappen an, bevor sich am Freitag für Van Avermaet möglicherweise eine weitere Chance bietet.

Rückstand in der Punktewertung gegenüber Kittel auf jetzt nur noch 29 Zähler verkürzt-

Mit seinem zweiten Tagessieg bei dieser Frankreich-Rundfahrt verkürzte Matthews den Rückstand in der Punktewertung gegenüber Kittel, der in einer abgehängten Gruppe ins Ziel kam, um insgesamt 50 auf jetzt nur noch 29 Zähler. „Noch einen Sieg zu holen in der Tour de France ist unglaublich. Normalerweise ist der zweite Sieg in GrandTours der Schwerste. Meinen zweiten Sieg in drei Tagen zu holen, ich weiß es nicht wirklich. Ich glaube, das realisiere ich erst morgen“, kommentierte der 26-jährige Matthews den dritten Sunweb-Coup auf den vergangenen vier Teilstücken.

Chris Froome (Sky) verteidigte sein Gelbes Trikot. Auf den ersten vier Positionen der Gesamtwertung gab es keine Änderungen. Der Brite liegt weiterhin 18 Sekunden vor Fabio Aru (Astana) und 23 vor dem Franzosen Romain Bardet (Ag2R). Vierter bleibt der Kolumbianer Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac/+0:29). Der Ire Daniel Martin (Quick-Step Floors) büßte im Finale 51 Sekunden ein und fiel vom fünften auf den siebten Rang zurück. Warren Barguil (Sunweb) stockte in der Bergwertung sein Konto um einen weiteren Zähler auf und verteidigte souverän sein Gepunktetes Trikot. Simon Yates (Orica-Scott) bleibt als Gesamtsechster Träger des Weißen Trikots des besten Jungprofis, Sky führt die Teamwertung auch zu Beginn der dritten Tourwoche an.

Am Dienstag waren die Alpen-Ungetüme am azurblauen Horizont bereits zu erahnen. Als Christopher Froome und Co. durch das windige Rhone-Tal in Richtung Romans-sur-Isère unterwegs waren, durften sie sich vor dem vermutlich furiosen Finale der 104. Tour de France schon ausmalen, wie ihnen die üppige Menükarte der folgenden Tage wohl bekommen könnte.

Col de la Croix de Fer (2.067 m) und der mythische Col du Galibier (2.642 m) am Mittwoch, Col de Vars (2.109 m) sowie die Bergankunft auf dem gleichfalls berühmten Col d’Izoard (2.360 m) am Donnerstag. Was für die Dramaturgie der Frankreich-Rundfahrt einem Ausflug ins Drei-Sterne-Restaurant gleicht, wird auch bei Froome und seinen Rivalen eher einen flauen Magen verursachen. „Ich bin froh, dass ich vorne liege und keine Zeit gut machen muss“, sagte der dreimaligen Champion.

Der Sky-Kapitän fährt nicht nur im Gelben Trikot, er hat in einem wahren Tour-Thriller auch das Zeitfahren am Samstag in Marseille in der Hinterhand. Doch beruhigend ist die Lage keineswegs. 18 Sekunden auf Fabio Aru sind ein sehr schmales Polster.

Die Tour erfährt eine Zuspitzung wie seit Jahren nicht mehr. „Ich werde sicher nicht ruhig schlafen können“, meinte der Titelverteidiger. Nur der bisherige Fünfte Daniel Martin (Irland) fiel aus dem Kreis der Sieganwärter, weil der Quick-Step-Profi im von starkem Seitenwind erschwerten Finale den Anschluss verlor.

Für Froome besteht nach wie vor kein Anlass zur Gelassenheit.

Wenn man seinen Herausforderer Glauben schenkt, besteht für Froome aber tatsächlich kein Anlass zur Gelassenheit. „Ein Anstieg wie der Izoard, da kannst du große Abstände herausfahren“, sagte der überraschend starke Uran, den Froome wegen seiner ordentlichen Zeitfahr-Qualitäten als „Geheimfavorit“ bezeichnete. „Für mich sind das die Schlüsseletappen“, ergänzte Frankreichs Hoffnung Bardet, dessen AG2R-Mannschaft noch am ehesten der Übermacht der Sky-Armada standhalten kann.

Auf das britische Top-Team wartet auf der Alpen-Tortur gleichwohl Schwerstarbeit, denn auch Aru will auf’s Ganze gehen. „Es wird jede Menge Angriffe geben, eine ziemliche Show“, sagte der Astana-Kapitän, während Bardet ankündigte: „Ich werde diese Etappen wie zwei Eintages-Klassiker fahren. Es ist nicht möglich, irgendetwas zu kalkulieren.“

Selbst Froome räumte ein, dass er nach seinen Schwierigkeiten in den Pyrenäen nicht vor einem weiteren schlechten Tag gefeit ist. „Ich fühle mich großartig, das war mein Ziel für die dritte Woche“, sagte der Brite allerdings auch. (hegen/rsn/sid)