Ein perfekter Tag für Weltmeister Peter Sagan

Den holte sich in einer ganz knappen Entscheidung Peter Sagan (Bora-hansgrohe), der nach 182,5 Kilometern von Mouilleron-Saint-Germain nach La Roche-sur-Yon den Italiener Sonny Colbrelli (Bahrain-Merida) und den Franzosen Arnaud Démare (Groupama-FDJ) auf die Plätze verwies.

Mit seinem insgesamt neunten Etappenerfolg bei einer Frankreich-Rundfahrt übernahm der dreimalige Weltmeister auch das Gelbe Trikot – das erste in der Geschichte von Bora-hansgrohe – vom Auftaktsieger Gaviria (Quick-Step Floors), der durch den Sturz aufgehalten worden war.

„Ein perfekter Tag. Ich hatte schon etwas Angst, dass Colbrelli die Lücke noch würde schließen können. Er war sehr stark im Finale. Ich war am Ende zum Glück hauchdünn vorne“, sagte Sagan, der die Nachricht, dass er nun auch Spitzenreiter der Frankreich-Rundfahrt sei, mit Blick auf das morgige Teamzeitfahren mit einem Grinsen kommentierte: „Für einen Tag? Das ist ziemlich cool. Ich bin sehr glücklich. Mein Vater und meine Freunde aus meiner Heimatstadt Žilina sind hier – das ist sehr schön.“

„Ehrlich gesagt, bin ich etwas enttäuscht. Ich habe viel investiert und Energie verbraucht, um Positionen gutzumachen, aber ich habs nicht geschafft, das Resultat zu holen. Ich war an Sagans Hinterrad und wollte ihm zuvorkommen, aber er kam mir zuvor. Glückwunsch an ihn. Ich werde es auf den nächsten Etappen wieder probieren“, sagte Colbrelli nach seinem knapp verpassten ersten Tour-Tagessieg.

„Ich bin schon früh 250 Meter vor dem Ziel angetreten, ich hatte keine große Wahl, weil ich vorne war und nicht zurückfallen wollte. Dritter, das ist nicht so schlecht, ich bin ganz zufrieden“, so Démare, der sich nach einem Defekt 23 Kilometer vor dem Ziel wieder ins Feld zurückgekämpft hatte. „Das waren sicherlich überflüssige zusätzliche Pedalumdrehungen“, fügte der 26-Jährige an.

Bester Belgier am Sonntag war wie am Samstag Timothy Dupont (Wanty Groupe Gobert), der diesmal auf dem sechsten Platz landete. Philippe Gilbert (Quick Step Floor), der wie Dupont nicht vom Sturz beeinträchtigt wurde, erreichte Platzb zehn.

Vor dem Teamzeitfahren von Cholet, in dem die Favoriten auf den Gesamtsieg gefordert sein werden, liegt Sagan, der auch punktbester Fahrer ist, sechs Sekunden vor Gaviria und zehn vor Colbrelli.

Am zweiten Tour-Tag in der Vendée war es wieder die heimische Equipe Direct Energie, die das Rennen bei Sonnenschein und erneut 30 Grad animierte. Diesmal war es Rekordmann Sylvain Chavanel, der sich bei seiner 18. Frankreich-Rundfahrt als Ausreißer versuchte – allerdings nach 30 gefahrenen Kilometern auf sich allein gestellt war. Zu diesem Zeitpunkt nämlich hatten sich seine beiden Begleiter Michael Gogl (Trek-Segafredo) und Dion Smith (Wanty-Groupe Gobert) überraschend früh wieder ins Feld zurückfallen lassen.

Zunächst hatte sich der Österreicher nach der einzigen Bergwertung des Tages am Wagen des Tourarztes am Knie behandeln lassen. Kurz darauf nahm auch Smith die Beine hoch, nachdem der Neuseeländer den Sprint an der Côte de Pouzauges (4. Kat., 1 Km, 3,9%) gewonnen und damit dem Franzosen Kevin Ledanois (Fortuneo-Samsic) wegen seiner besseren Platzierung im Gesamtklassement das Bergtrikot abgeluchst hatte.

Rekordmann Sylvain Chavanel versuchte sich bei seiner 18. Tour als Ausreißer.

Der 39-jährige Chavanel behauptete zunächst seinen Maximalvorsprung von knapp vier Minuten auf das Feld, an dessen Spitze sich Quick-Step Floors versammelt hatte, um den Franzosen bei eher gemächlichem Tempo an der kurzen Leine zu halten. Auf der 350. Tour-Etappe seiner Karriere erreichte Chavanel den Zwischensprint in Beaulieu-sous-la-Roche bei Kilometer 132 mit rund 2:30 Minuten Vorsprung auf das Feld, in dem Bora-hansgrohe seinen Kapitän Sagan lancierte, der sich Rang zwei und damit 17 Punkte sicherte – Dritter wurde hier Gaviria (15) vor Kristoff (13) und Démare (11).

Kurz darauf war bei nunmehr deutlich höherem Tempo aufgrund eines Sturzes das Rennen für Leon Luis Sanchez (Astana) beendet. Der Spanier, wichtiger Helfer für Jakob Fuglsang, zog sich dabei einen Ellbogenbruch zu und war der zweite Ausfall dieses Tages, nachdem früher im Rennen bereits Tsgabu Grmay (Trek-Segafredo) mit Magenproblemen ausgestiegen war.

Bei weiteren Stürzen kamen Adam Yates (Mitchelton-Scott) und Silvan Dillier (AG2R) glimpflicher davon. Der Brite wurde schnell von seinen Helfern wieder ins Feld zurückgebracht, und auch der Schweizer konnte das Rennen fortsetzen. Kurz danach wurde Arnaud Démare (Groupama-FDJ), einer der gestrigen Pechvögel, 23 Kilometer vor dem Ziel durch einen Defekt gestoppt und musste sein Vorderrad wechseln. Auch der Franzose schaffte wieder den Anschluss, büßte bei der Aufholjagd aber möglicherweise die entscheidenden Kräfte ein.

Am 62. Geburtstag seines Teamchefs Jean-René Bernaudeau wehrte sich Chavanel auf den letzten 25 Kilometern nach Kräften und erreichte den Bonussprint 14 Kilometer vor dem Ziel noch knapp vor den Verfolgern, die von Sky und BMC angeführt wurden. Der Routinier wurde nach einer Flucht von knapp 170 Kilometern eingefangen.

Auf den folgenden zehn geradeaus führenden Kilometern positionierten sich Sky und Movistar an der Spitze des Feldes. Dagegen konnte es der gestern schwer gestürzte Lawson Craddock (EF-Drapac) ruhiger angehen lassen. Trotz einer Fraktur in der Schulter kämpfte sich der US-Amerikaner, den ganzen Tag am Ende des Feldes fahrend, bis ins Ziel. Auf den letzten fünf Kilometern lösten die Sprinterteams Bora-hansgrohe, Groupama-FDJ und Lotto Soudal die Helfer der Klassementfahrer an der Spitze ab, ehe Gaviria seine Helfer auf den letzten gut drei Kilometer in den Wind schickte. Doch die Pläne von Quick-Step Floors wurden zwei Kilometer vor dem Ziel in der dortigen 90-Grad-Rechtskurve durch einen Sturz, bei dem das Feld zerrissen und Gaviria aufgehalten wurde, über den Haufen geworden.

Auf der mit vier Prozent ansteigenden Zielpassage hatte Sagan noch zwei Helfer bei sich, die ihre zahlenmäßige Überlegenheit in der nur noch rund 15 Fahrer starken Spitzengruppe gut ausspielten. Als Démare an der rechten Bande den Sprint eröffnete, sprang Sagan an das Hinterrad des Franzosen und scherte dabei unmittelbar vor dem ebenfalls aussichtsreich positionierten Degenkolb ein, der dadurch aus dem Tritt geriet und seine Chancen einbüßte. Sein Team legte danach erfolglos Einspruch gegen das Ergebnis ein.

Von Démares Hinterrad aus trat Sagan schließlich an und konnte sich gegen den noch stark aufkommenden Colbrelli aber nur hauchdünn und erst mit einem Tigersprung durchsetzen. Dem Franzosen bleib nur der dritte Platz, gefolgt von Greipel und Europameister Alexander Kristoff (UAE Team Emirates). (rsn/jph)