1.000 Tage bis Tokio 2020

Mit Olympia 2020 werden in Japan denn auch fast naiv hohe Erwartungen an einen Effekt wie 1964 geknüpft. | dpa


Für Japan war es eine Zeitenwende. Die Olympischen Sommerspiele in Tokio 1964 signalisierten die Wiederauferstehung Japans als Industrienation nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges. Viele der heutigen Wirtschaftslenker der inzwischen drittgrößten Volkswirtschaft der Welt erlebten damals als Kinder mit, wie der berühmte Shinkansen am 1. Oktober 1964 rechtzeitig zu den Spielen die Ära der Hochgeschwindigkeitszüge einläutete. Wie moderne Autobahnen aus dem Boden schossen, westliche Toiletten aufkamen und die Eröffnungsfeier und Schlusszeremonie der Spiele in Farbe übertragen wurden – Alles Symbole für Japans Wirtschaftswunder.

Bei vielen japanischen Wirtschaftsführern dürfte denn auch ein Gefühl von Nostalgie mitschwingen, wenn die Olympischen Spiele in 1.000 Tagen nach Tokio zurückkehren. Das mag auch die enorme Summe an Sponsorengeldern in Höhe von 300 Milliarden Yen (2,2 Mrd Euro) erklären, die die Wirtschaft für 2020 aufbringt, weitaus mehr als bei früheren Olympischen Spielen und drei Mal mehr als anfangs erwartet.

Mit Olympia 2020 werden in Japan denn auch fast naiv hohe Erwartungen an einen Effekt wie 1964 geknüpft. Vor allem die gegen scharfe Konkurrenz aus Südkorea und China kämpfenden Elektronikriesen hoffen, Japans Ruf als Hightech-Nation wiederherzustellen – auch wenn die guten alten Zeiten für Sony & Co kaum wiederkommen dürften. Ob Brennstoffzellen-Fahrzeuge, Roboter, die Erfrischungsgetränke bedienen oder Hightech-Befeuchtungsanlagen gegen Tokios extrem schwüle Sommerhitze – Japans Elektronik-Konzerne scheuen keine Kosten, um die Spiele für eine Marketing-Kampagne zu nutzen.

Es sollen die „aufregendsten Spiele aller Zeiten“ werden, versprechen die Organisatoren. Mehr als 10 Millionen Besucher aus aller Welt werden erwartet. Schätzungen zufolge wird Tokio zum Olympia-Jahr mit rund 25.000 zusätzlichen Hotelzimmern aufwarten, rund 26 Prozent mehr als 2016. Nicht nur inländische Hotelbetreiber, sondern auch ausländische wollen von der wachsenden Nachfrage profitieren, zumal das Inselreich schon jetzt einen Touristenboom erlebt.

Bis es in 1.000 Tagen losgeht, gibt es noch andere Herausforderungen. Zum Beispiel die Kosten. Seit Tokio den Zuschlag für 2020 erhielt, haben sich die Schätzungen verdoppelt: Anfangs lagen sie bei 730 Milliarden Yen, derzeit liegen sie bei rund 1,4 Billionen Yen (rund 10,5 Milliarden Euro). Zwar wurden unter anderem durch Nutzung bestehender Anlagen die Kosten teils gesenkt, doch hält das Internationale Olympische Komitee (IOC) weitere Kürzungen für nötig.

Wegen der stark gestiegenen Kosten musste auch der Plan für das neue Nationalstadion überarbeitet werden. Inzwischen geht der Bau emsig voran. Doch Geld ist nicht das einzige Problem der Organisatoren: Nach Plagiatsvorwürfen musste ein neues Logo gewählt werden.

Kopfschmerzen bereitete auch der Streit um den Umzug des weltberühmten Tokioter Fischmarkts Tsukiji, wodurch die Baupläne für die geplante Ringstraße 2, der Hauptverkehrsader zwischen dem Olympischen Dorf und den Austragungsorten, durcheinander gerieten.

Gesundheitssorgen kamen auf, als kürzlich bei Wasserproben am Austragungsort für die Triathlon-Wettbewerbe im Odaiba Marine Park von Tokio E.Coli-Bakterien in einer Konzentration vom bis zum 20-Fachem des erlaubten Wertes gemessen wurden. Die Stadtverwaltung führte dies auf Rekordregenfälle zurück. Sport-Direktor Koji Murofushi versicherte jedoch, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität ergriffen würden, eine Verlegung sei nicht nötig.

Um die extreme Sommerhitze für die Sportler und Besucher etwas erträglicher zu machen, wird erwogen, die Straße für die Marathon-, Geh- und Rad-Wettbewerbe mit einer speziellen Beschichtung zu versehen, die die Temperatur der Straßenoberfläche senkt. (dpa)