Michy Batshuayi wird zum Helden - Contes Meisterstück mit dem FC Chelsea

Der Moment der Entscheidung: Michy Batshuayi (vorne) schießt den FC Chelsea zum sechsten Meistertitel. | afp

Für Antonio Conte kam es knüppeldick: Im Jubel über den sechsten Meistertitel für den FC Chelsea im Fußball-Mutterland England holte sich der Coach der „Blues“ beim Freudentanz mit seinem Trainer-Team erst eine blutige Lippe. Dann überschütteten seine feiernden Spieler um die Nationalspieler Thibaut Courtois, Eden HazardundMichy Batshuayiden unumstrittenen Vater des Erfolgs nach dem entscheidenden 1:0 bei West Bromwich Albion zunächst mit einem Kübel Eiswasser und unterzogen den Italiener auch noch ausgiebigen Champagner-Duschen.

„Mein Anzug ist ein Desaster. Aber es ist richtig und wichtig, diesen Erfolg zu feiern“, sagte Conte in seinem triefenden Outfit: „Natürlich ist ein Traum wahr geworden. Jeder weiß, wie schwer es ist, in England mit seinen großen Mannschaften, großen Spielern und auch großen Trainern den Titel zu gewinnen. Das ging nur, weil ich Männer und gute Spieler gefunden habe.“ Damit sind auch die Leistungsträger Diego Costa (20 Tore) und Eden Hazard (15) gemeint, die zu alter Stärke fanden. Das für den Titel entscheidende Tor erzielte in der 82. Minute aber Reservist Michy Batshuayi, kurz nach seiner Einwechslung. Der Rote Teufel stand bisher vor dem Abschied, Stützen wie Costa und Hazard sollen definitiv bleiben.

Alle Komplimente für sein Meisterstück gleich im ersten Premier-League-Jahr gab Italiens früherer Nationaltrainer indes an sein Team weiter: „Ich muss mich bei meinen Spielern bedanken, dass sie meine Arbeitsweise und meine Philosophie angenommen haben. Alle haben von Anfang an mit einer großartigen Einstellung mitgezogen. Der Titel ist das Verdienst der Spieler.“

Die englischen Zeitungen indes schrieben Conte den Löwenanteil am Triumph der „Blues“ zu, die in der Vorsaison unter dem später geschassten Starcoach José Mourinho als Titelverteidiger mit Platz zehn maßlos enttäuscht hatten. „Contes Brillanz verwandelt Chelsea wieder in Meister“, kommentierte der „Guardian“ den Coup des 47-Jährigen. Tatsächlich darf Conte schlichtweg als personifizierter Gegenentwurf zum selbstverliebten Exzentriker Mourinho gelten.

Auch in Contes Heimat Italien überschlugen sich die Zeitungen mit Lobeshymnen. „Conte gewinnt die WM der Trainer“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ mit Blick auf renommierte Rivalen wie Pep Guardiola (Manchester City), Arsène Wenger (FC Arsenal) oder Mourinho (Manchester United). Für den „Corriere dello Sport“ avancierte der Ex-Profi, der auch schon im eigenen Land mit Juventus Turin dreimal den „Scudetto“ gewonnen hatte, zum „neuen König von England“. Zugleich feierten die italienischen Gazetten den zweiten Titelgewinn eines Fußballlehrers vom Apennin auf der Insel in Folge nach dem Sensationstitel für Claudio Ranieri mit Leicester City. „Die Premier League spricht immer mehr italienisch“, konstatierte „La Repubblica“.

Conte wäre jedoch nicht Conte, würde sich Chelseas Meistermacher nicht noch in der Stunde des Erfolgs gleich mit dem nächsten Ziel befassen: „Sicherlich genießen alle den Moment. Auch weil alle wissen, wie schlimm die vorige Saison für die Mannschaft, den Verein und die Fans war. Aber wir können auch noch den FA-Cup gewinnen – und dafür müssen wir bald mit der Vorbereitung auf das Finale beginnen. Am 27. Mai trifft Chelsea in Wembley auf den FC Arsenal. Im Falle des Erfolgs wäre Chelsea der erste Double-Gewinner in England seit sieben Jahren – zuletzt gelang dieses Kunststück ebenfalls Chelsea 2010.

Nachdem die Titelfrage geklärt ist, richtet sich der Fokus in der Premier League auf das Rennen um die weiteren Champions-League-Plätze. Nach einem 4:0-Auswärtsieg gegen West Ham United darf der FC Liverpool weiter auf einen Platz unter den ersten Vier hoffen. Daniel Sturridge (35.), Philippe Coutinho (57./61.) und Nationalstürmer Divock Origi(76.) erzielten am Sonntag die Treffer für die „Reds“. Mit 73 Punkten rückte Liverpool zumindest vorläufig wieder auf Platz drei, hat allerdings ein Spiel mehr absolviert als die Konkurrenz.

Nach dem 4:1 bei Stoke City darf sogar auch Arsenal nach einer eigentlich verkorksten Saison noch auf die Königsklasse hoffen. Olivier Giroud (42./80.), Mesut Özil (55.) und Alexis Sánchez (76.) trafen beim fünften „Gunners“-Sieg im sechsten Liga-Spiel. „Der Fokus ist da, der Kampfgeist ist da“, betonte Coach Arsène Wenger. Arsenal hat als Tabellenfünfter drei Punkte Rückstand zum Vierten Manchester City, dessen Saison bisher enttäuschend verlief. Erstmals in seiner Trainerkarriere geht der Katalane leer aus. Trotzdem erfahre er „sehr viel Unterstützung von allen Seiten“, schwärmte Guardiola nach dem glücklichen 2:1 gegen Leicester City. (sid/dpa/mv)