Legende Juan Manuel Fangio war der erste Superstar in der Königsklasse

Juan Manuel Fangio eilte von Rekord zu Rekord. Vor 60 Jahren gewann er seinen fünften und letzten WM-Titel. | Photo News

Auch rund 60 Jahre nach seinem Karriereende sind die Erfolge des Argentiniers wahre Leuchttürme des Perfektionismus: 51 Formel-1-Rennen, 24 Siege, 29 Pole Positions, 23 schnellste Rennrunden. Kein Fahrer hat eine bessere Sieg- und Pole-Quote als „El Chueco“ (der Krummbeinige), seine Marke von fünf WM-Titel wurde erst 2003 von Michael Schumacher übertroffen.

Und doch sind Fangios Bestmarken nicht mit denen der Schumachers, Sennas oder Hamiltons zu vergleichen. Die Pioniertage der Formel 1 waren schlicht eine andere Zeit. Anders als heute gab es keine jahrelange Dominanz eines einzelnen Herstellers. Der Einzige, der (fast) immer oben war, hieß Fangio. Fünf Titel zwischen 1951 und 1957 für vier Teams (Alfa, Maserati, Mercedes, Ferrari) sind einzigartig. Und so haftet den Geschichten über Fangio stets etwas Mythisches an. Etwa von seinem größten Sieg, der zugleich sein letzter war: Beim Großen Preis von Deutschland 1957 auf dem Nürburgring lag der bereits 46-jährige Argentinier in seinem Maserati rund eine Minute hinter den Ferrari von Mike Hawthorn und Peter Collins zurück – doch nach einem Höllenritt auf der gefürchteten Nordschleife gewann er das Rennen und machte damit seinen fünften WM-Titel perfekt.

An diesem Tag habe er mehr riskiert als er jemals wollte, beteuerte Fangio später. Seine Siegformel war eigentlich eine andere gewesen: „Fahre immer nur ein bisschen schneller als der Zweite.“ Mit legalen Mitteln war der meist kühl kalkulierende Fangio kaum zu stoppen – es mussten schon außergewöhnliche Umstände zusammenkommen.

Wie 1958, in Fangios letztem Karrierejahr. Vor einem Sportwagen-Rennen auf Kuba wurde der fünfmalige Formel-1-Weltmeister von der „Bewegung des 26. Juli“ um den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro aus seinem Hotel entführt.

Als Fangio wenige Tage später frei kam, äußerte er sich zerknirscht über das verpasste Rennen, dafür berichtete er den erstaunten Medienvertretern von der guten Behandlung durch die Anhänger des „Maximo Lider“. Unter seinen Bewachern seien auch hübsche junge Frauen gewesen, erklärte Fangio: „Sie haben mir das Programm der Rebellenbewegung erläutert. Aber ich habe ihnen gesagt, ich sei an Politik nicht interessiert“.

Interessiert hat sich der Mann mit der hohen Stirn und dem stechenden Blick zeitlebens vor allem für alles mit Motor. „Man wird nicht Weltmeister, wenn man sich hinter ein Steuer setzt und auf das Gaspedal tritt. Man muss mit Autos groß geworden sein, sich selbst seine Wagen bauen. Wenn es sein muss, in einer Scheune“, sagte Fangio.

Als kleiner Junge hatte der am 24. Juni 1911 in Balcarce geborene Fangio Arzt werden wollen, doch als Elfjähriger verließ er die Schule und begann eine Ausbildung in einem Metallgeschäft. 1932 gründete Fangio schließlich seine eigene Werkstatt. Wenig später nahm er mit selbst gebauten Autos an Rallyes in Südamerika teil, ehe er 1950 im Alter von 39 Jahren in der gerade gegründeten Formel 1 startete und auf Anhieb Vizeweltmeister wurde.

Dabei wäre Fangio womöglich nie in einen Einsitzer gestiegen, hätte er bei einem Rallye-Unfall in Südamerika nicht seinen Beifahrer verloren. Nach dieser Tragödie entschied er, im Auto nur noch Verantwortung für sein eigenes Leben übernehmen zu wollen – mit durchschlagendem Erfolg.

Am 17. Juli 1995 erlag Fangio, seinerzeit immer noch Rekordweltmeister, in Buenos Aires im Alter von 84 Jahren einem Nierenleiden. (sid)