Karabatic & Co. jagen WM-Trophäe und Fan-Rekord

Keeper Thierry Omeyer hütet seit mehr als 17 (!) Jahren das französische Tor. | afp

Als die französische Staatsparty ihren nächsten Höhepunkt erreichte, war Nikola Karabatic längst nicht mehr auf der Platte. Der französische Superstar lehnte entspannt an der Auswechselbank und applaudierte seiner „Equipe Tricolore“ mit einem milden Lächeln auf den Lippen.

Das imponierende 35:24 gegen Russland vor mehr als 10.000 ekstatischen Zuschauern in Nantes bezeichnete Karabatic zwar als „großen Sieg“, doch für Karabatic, das war nicht zu übersehen, ist der vorzeitige Gruppensieg kaum mehr als ein erstes Etappenziel. Der Traum vom perfekten Abschluss für ihn und seine „Goldene Generation“ treibt das französische Team an.

„Wir wollen zeigen, dass wir noch die Besten sind“, hatte Karabatic vor dem Turnier der „Sport Bild“ gesagt. Und genau so treten er und seine Kollegen bei der WM im eigenen Land bislang auf. Getragen von einer enormen Euphorie, mussten die „Experten“ bei den Siegen gegen Brasilien (31:16), Japan (31:18) und Norwegen (31:28) nicht einmal an ihre Leistungsgrenze gehen. Das Projekt WM-Titel, für Frankreich wäre es der sechste, für Karabatic und viele seiner Mitspieler der vierte seit 2009, nimmt immer schärfere Konturen an.

Die Stimmung im Land ist großartig. Die Atmosphäre in den ausverkauften Hallen ist gigantisch, im Fernsehen laufen die Spots mit Karabatic, Thierry Omeyer und Co. rauf und runter, und selbst Staatschef François Hollande outete sich zuletzt als Handballfan und besuchte ein Spiel der französischen Mannschaft. Die WM, das spüren die Menschen in Frankreich, ist das letzte Hurra einer großen Mannschaft. Zwar wurde in der Vergangenheit immer mal wieder das Ende der „Ära der alten Franzosen“ beschworen, doch nach dem Heim-Turnier wird nun tatsächlich mit einer Flut von Rücktritten gerechnet.

Keeper Omeyer, der seit mehr als 17 (!) Jahren das französische Tor hütet und auch bei der WM mit famosen Leistungen besticht, ist inzwischen 40 Jahre alt. Rückraumspieler Daniel Narcisse hat 37 Lenze auf dem Buckel. Und selbst Karabatic (32) hat wie Luc Abalo (32) und Michael Guigou (34) die 30 längst überschritten.

Mit all diesen Ausnahmekönnern dominiert Frankreich seit vielen Jahren das Geschehen im Welt-Handball, gewann alles, was es zu gewinnen gibt. Drei siegreiche Weltmeisterschaften, drei EM-Titel und zwei olympische Goldmedaillen fallen in die Zeit seit 2006. Und nachdem es in Rio zuletzt nur zu Silber reichte, gibt es dieser Tage nur ein Ziel.

„Wir wissen, dass wir der Favorit sind“, sagte Nationaltrainer Didier Dinart, der zusammen mit Guillaume Gille im Herbst die Nachfolge von Claude Onesta antrat, der „Handballwoche“, „aber wir haben Spieler in unserem Team, die mit dieser Rolle schon seit vielen Jahren gut leben können und die wissen, wie man große Turniere gewinnt.“ Doch bevor es in den Finalspielen um den sechsten WM-Titel geht, soll am Samstag ein weiterer Rekord purzeln: Beim Achtelfinale im Fußballstadion von Lille (28.010 Plätze) winkt eine Zuschauer-Bestmarke für ein WM-Spiel. Der alte Rekord datiert aus dem Jahr 2007. In Köln waren damals 20.500 Fans dabei. (sid)