„Kannibale“ Karabatic ist Frankreichs Super-Joker

Nikola Karabatic betrat die Halle - und sofort waren alle Augen auf ihn gerichtet. Fans bestürmten den Handball-Superstar und bettelten fast schon um Selfies. Journalisten verfolgten jede Reaktion des Franzosen auf der Tribüne beim 32:21-Sieg des Titelverteidigers gegen Serbien. Karabatic jubelte, er klatschte, er schlug sich die Hände vors Gesicht. Keine Frage: Karabatic hätte am liebsten selbst mitgespielt. Und bald kann er das wohl auch.

Karabatic, der vor drei Monaten wegen eines Schiefstandes des großen Zehs am linken Fuß operiert worden war und seine WM-Teilnahme eigentlich bereits abgesagt hatte, steht Turnierfavorit Frankreich plötzlich doch zur Verfügung. Ob seine Fitness schon für das Vorrundenspiel am Dienstag (20.30 Uhr/ZDF) gegen die deutsche Nationalmannschaft reicht, ist offen.

„Im Leben ist alles vorstellbar, aber wir haben noch keinen Plan“, sagte der Franzose vor seinem ersten WM-Training am Sonntag: „Dem Fuß geht es gut, ich bin fit.“ Für ihn sei es „schon ein Riesensieg, nur dabei zu sein“, ergänzte der Rückraumspieler: „Wenn ich jetzt auch noch spielen kann, wäre das der Himmel für mich.“

Er fühle sich „wie ein kleiner Junge“, betonte Karabatic: „Ich habe alle meine Träume erfüllt, aber ich bin noch nicht satt. Ich will noch mehr.“ Karabatic, der „Kannibale“, wollte seine achte Weltmeisterschaft nicht so einfach abschenken. Auch wenn er dafür mit seiner Gesundheit spielt. „Im Handball bekommst du frei, wenn du verletzt bist“, sagte der 34-Jährige einmal. Man solle „nicht jammern“, so Karabatic, „die Leute denken sonst, wir sind Weicheier“. Mit seiner Härte gegen die Gegner und sich selbst hat der Titelsammler die große Ära der französischen Handballer in den vergangenen 16 Jahren maßgeblich mitgestaltet. Für den gebürtigen Serben, der 2012 in eine Wettmanipulationsaffäre verstrickt war, wäre ein WM-Start in Deutschland das 21. große Turnier in Folge. Er holte mit der Equipe Tricolore zweimal Olympiagold (2008 und 2012), wurde zwischen 2006 und 2018 viermal Welt- und dreimal Europameister. Uwe Gensheimer, Karabatics Teamkollege bei Paris Saint-Germain, musste „schmunzeln“, als er von der Nachricht hörte. Ganz überrascht war der DHB-Kapitän aber nicht, obwohl sein Klub von einer vier- bis sechsmonatigen Verletzungspause ausgegangen war. (sid)