22:22 gegen Russland: Dämpfer für Deutschland

Als es in der Berliner WM-Arena kurz nach dem Abpfiff zum ersten Mal still wurde, gingen auch die Blicke der deutschen Handballer ernüchtert zum Boden. In einem hochspannenden Schlussakt gegen Russland verspielte die DHB-Auswahl noch einen Sieg und durch das 22:22 (12:10) den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde verpasst. Nach dem ersten kleinen Rückschlag bei der Heim-WM bleibt den Spielern nicht viel Zeit zur Erholung - denn schon am Dienstagabend (20.30 Uhr/ZDF) geht es mit dem richtungsweisenden Gipfeltreffen gegen Weltmeister Frankreich weiter.

Deutschland-Russland 22:22

„Es überwiegt die Enttäuschung. Wir haben beim 20:17 den Sack nicht zugemacht“, sagte Bundestrainer Christian Prokop in der ARD. „Heute dürfen wir uns ärgern. Das Schöne an diesem Turnier ist aber, dass wir binnen 24 Stunden das besser machen können mit dem tollen Publikum.“ Rückraumspieler Paul Drux, dem kurz vor dem Ende ein fataler Abspielfehler unterlief, war bedient. „Das ist ein verlorener Punkt“, sagte der Berliner.

Kapitän Uwe Gensheimer war vor 13.500 Zuschauern in der Berliner Arena mit acht Treffern erneut bester Werfer der DHB-Auswahl. Doch das reichte nicht. Nun sollen gegen Frankreich die zwei Punkte geholt werden und der Einzug in die Hauptrunde perfekt gemacht werden. „Die Köpfe werden ganz schnell nach oben gehen und wir werden bereit sein“, versicherte Fabian Böhm.

Gegen den Weltmeister muss die deutsche Mannschaft sich aber steigern. Gegen die unangenehmen Russen fand Prokops Mannschaft zunächst keinen Zugang zum Spiel. Das lag zum einen daran, dass der Gegner deutlich besser verteidigte als zuletzt noch die Brasilianer. Vor allem aber knüpfte Deutschlands Torhüter Andreas Wolff im ersten Durchgang nicht an seine zuvor starken Turnierleistungen an. In der ersten Viertelstunde parierte der Keeper des THW Kiel lediglich einen Wurf. Noch vor der Pause brachte Prokop erstmals den zweiten Torhüter Silvio Heinevetter aufs Feld.

Während Wolff schon früh aufgrund seiner eigenen Leistung fluchte und mit dem Kopf schüttelte, funktionierte in der Offensive immerhin die Chancenverwertung einigermaßen. Kapitän Gensheimer verwandelte fast alle seiner Versuche gewohnt treffsicher, auch die Würfe aus dem Rückraum saßen meist. Dennoch blieb die Partie eng, weil die Russen trotz der lautstarken Pfiffe des Publikums ihre Angriffe zielsicher abschlossen. Daran konnte auch die gewohnt solide deutsche Defensive nichts ändern, auch weil es bei den russischen Gegenstößen teilweise noch in der Kommunikation untereinander haperte.

Aber die DHB-Auswahl steigerte sich - was auch mit der Hereinnahme von Jannik Kohlbacher zu tun hatte. Während im ersten Durchgang das Angriffsspiel mit den Kreisläufern noch nicht funktioniert hatte, wurde es mit Kohlbacher besser. Der 23-Jährige schuf wichtige Räume und schloss auch selbst erfolgreich ab. Schon nach wenigen Minuten in der zweiten Hälfte baute die deutsche Mannschaft ihren Vorsprung erstmals auf vier Tore aus. Jetzt kamen auch die Fans auf Touren, welche die DHB-Auswahl auch im dritten WM-Spiel lautstark durch die Partie begleiteten.

Das stachelte vor allem den bislang schwachen Wolff an. In der 40. Minute zeigte der 1,98 Meter große Hüne seine erste Glanztat des Spiels, als er den Gegenstoß eines Russen über das Tor lenkte. Dennoch blieben die Russen dank ihres überragenden Keepers Victor Kireew dran. „Bleibt cool“, lautete der Tenor in einer Ansprache Prokops während des zweiten Durchgangs.

Bis zur dramatischen Schlussphase beherzigte seine Mannschaft das. Doch als Drux der Abspielfehler unterlief, gelang den Russen der Ausgleich. Böhm brachte die DHB-Auswahl 45 Sekunden vor dem Ende erneut in Front. Doch Russland schaffte wenige Sekunden vor der Schlusssirene noch das verdiente Remis. (dpa)