Hamilton schlägt Vettel im Krimi von Barcelona - Vandoorne schied aus

Als die harten Bandagen abgelegt waren, küsste Sebastian Vettel seinen Pokal für Platz zwei, winkte ins rote Fahnenmeer und klopfte Barcelona-Sieger Lewis Hamilton fast freundschaftlich auf die Schulter. Auch das erste buchstäbliche Rad-an-Rad-Duell der Saison konnte die Formel-1-Superstars im WM-Kampf nicht entzweien. Nach dem Großen Preis von Spanien beginnt das Titelduell quasi wieder bei Null.

„Das war ein normaler Rennunfall“, urteilte Vandoorne im Ziel.

„So sollte Rennfahren an jedem Wochenende sein. Ich glaube, ich habe einige Kilos verloren, und dann hatte ich auch noch diesen Kerl in Rot im Nacken“, sagte ein völlig losgelöster Hamilton nach seinem 55. Formel-1-Sieg. Der zweite Saisonerfolg für den dreimaligen Weltmeister aus England war ein hart erkämpfter: In der 38. von 66 Runden hatte Ferrari-Toppilot Vettel seine zwischenzeitliche Führung mit einem harten Einsatz verteidigt. „Das war gefährlich“ hatte Hamilton an seine Box gefunkt, nach dem Rennen sprach er aber von einem „großartigen Duell gegen einen viermaligen Weltmeister“. Team-Aufsichtsratsboss Niki Lauda sagte bei „Sky“ treffend: „Hätten wir den Lewis nicht, hätten wir nicht gewonnen. Er hat gekämpft wie ein Löwe, das sind definitiv die beiden besten Fahrer.“ Vettel hegte keinen spürbaren Groll über die knappe Niederlage, durch die er in der WM-Gesamtwertung vor dem Klassiker in Monte Carlo am 28. Mai nur noch sechs Punkte vor Hamilton liegt. Das wäre allerdings ebenso wie Platz zwei für den Ferrari zu vermeiden gewesen. Vettel überholte Pole-Setter Hamilton deutlich vor der ersten Kurve und lag bis zu Hamiltons entscheidendem Überholmanöver in Runde 44 lange auf Siegkurs. Vettels Crew hatte den 44-maligen Grand-Prix-Sieger allerdings unerwartet früh in Runde 14 zum ersten Boxenstopp geholt und Mercedes im Reifenpoker so die Fäden in die Hand gegeben. „Wir hätten gern gewonnen, aber am Ende hatte ich Lewis nichts mehr entgegenzusetzen“, erklärte Vettel. Die Silberpfeile setzten zudem ihren am Sonntag deutlich langsameren zweiten Piloten Valtteri Bottas zwischenzeitlich erfolgreich als „Bremsklotz“ ein, wie Vettel befand. Der Sotschi-Sieger schied später mit Motorschaden aus. Der Australier Daniel Ricciardo erreichte als Dritter sein erstes Podium der Saison. Der Red-Bull-Pilot profitierte dabei allerdings vom Technik-K.o. bei Bottas sowie von der Kollision zwischen Kimi Räikkönen (Finnland/Ferrari) und Vorjahressieger Max Verstappen (Niederlande/Red Bull) in Runde eins – beide schieden mit gebrochener Aufhängung an ihren Autos aus.

Lokalmatador Fernando Alonso, der mit seinem chronisch schwachen McLaren-Honda im Qualifying fast sensationell Rang sieben erreicht hatte, wurde in Kurve eins von seinem früheren Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa (Brasilien/Williams) leicht touchiert, ins Kiesbett geschickt und aus den Punkterängen befördert. Der Spanier sah vor seinem Ausflug zum Indy 500 am Wochenende des Monaco-Grand-Prix zwar die Ziellinie, blieb aber als Zwölfter ohne Punkte. Sein Teamkollege Stoffel Vandoorne musste wieder einmal zusehen, wie das Rennen ohne ihn ausging. Kurz nach der Hälfte des Rennens kam es (ebenfalls) zu einer Berührung mit Massa, infolgedessen der Flame seinen Wagen abstellen musste. „Das war ein normaler Rennunfall“, urteilte Vandoorne im Ziel, nachdem ihm zum ersten Mal in der Formel 1 ein Überholmanöver (Jolyon Palmer) gelang. (sid/mv)