„Kanaken“ gegen „Kartoffeln“? - Löw präsentiert heute Analyse zum deutschen WM-Desaster

Joachim Löws Lage ist komfortabel. | dpa

Was steht an?

62 Tage hatte Joachim Löw seit dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM Zeit, das Desaster von Russland zu analysieren – heute (12 Uhr) präsentiert er seine Ergebnisse. Zudem gibt er seinen Kader für den Neustart am 6. September gegen Weltmeister Frankreich in München und drei Tage später gegen Peru in Sinsheim bekannt.

Was hat die Analyse ergeben?

Erste Erkenntnisse hatte Löw bereits vor fünf Wochen beim DFB vorgetragen. Seine Zuhörer erlebten einen „sehr selbstkritischen“ Bundestrainer, der Fehler eingeräumt und Veränderungen angekündigt haben soll. Eine Revolution wird gleichwohl nicht erwartet: Löws sportliche Analyse fiel trotz des Desasters nicht nur negativ aus. Dennoch dürfte er das Spielsystem nach dem Vorbild Frankreich modernisieren.

Wie stark wird sich das Gesicht der Mannschaft verändern?

Erwartet wird ein sanfter Umbruch. Mit Mesut Özil und Mario Gomez sind nur zwei Spieler zurückgetreten. Als Streichkandidat gilt Khedira. Löw wird den kurz vor der WM ausgebooteten Leroy Sane zurückholen und einige Youngster einladen. Hoffnungen machen dürfen sich u.a. Leverkusens Ausnahmetalent Kai Havertz, Thilo Kehrer (Paris St. Germain) oder Augsburgs Philipp Max.

Wie geht es mit Ilkay Gündogan weiter?

Anders als Özil will Gündogan seine Karriere im DFB-Team fortsetzen und „nicht davonlaufen“, wie er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte. Sollte es nach der Erdogan-Affäre erneut Pfiffe gegen ihn geben, sei das „eben meine Reifeprüfung“, ergänzte der 27-Jährige. Löw gilt als Fan des Mittelfeldspielers und wird ihn wohl wieder berufen.

Gibt es eine kulturelle Spaltung im Team?

„Kanaken“ gegen „Kartoffeln“, so berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, also Spieler mit Migrationshintergrund und jene ohne ausländische Vorfahren, stünden sich in Abneigung gegenüber. Präsident Reinhard Grindel wies dies zurück, Lukas Podolski und Ilkay Gündogan nannten die Bezeichnungen „Flachs“ und „Spaß“. Teammanager Oliver Bierhoff betonte jedoch, sich „intensiv“ dem Thema Teamgeist widmen zu wollen.

Wie groß ist der Druck auf Löw?

Auf den ersten Blick ist seine Lage komfortabel. Vertrag bis 2022, Rückendeckung von DFB und DFL, kaum namhafte Alternativen. Doch Löw muss liefern, bei einer Niederlage in der neuen Nationenliga gegen die starken Franzosen würde der Druck steigen. Der Spiegel zitierte ein DFB-Präsidiumsmitglied mit den Worten, Löw arbeite „auf Bewährung“.

Welche Veränderungen wird es noch geben?

Ein Sportdirektor wird gesucht, ansonsten soll der Betreuerstab („Team hinter dem Team“) verkleinert werden. Außerdem wünscht sich Löw Veränderungen im U-Bereich (mehr „Spezialisten“) und der Trainerausbildung. Die sportliche Leitung soll enger mit der Liga zusammenrücken. Mit Tobias Haupt wurde bereits ein Leiter der neuen DFB-Akademie verpflichtet. Auf den Prüfstand kommen die Marketingmaßnahmen (z. B. „Die Mannschaft“). (sid)